Die syrische Führung hat den angekündigten Waffenstillstand für Syrien als "wirkliche Gelegenheit" für eine politische Lösung des bewaffneten Konflikts begrüßt. Außenminister Walid Muallem sagte am Donnerstag im syrischen Fernsehen, mit der Waffenruhe ergebe sich eine Chance, das Blutvergießen zu beenden. Die unter Vermittlung der Türkei und Russlands zustande gekommene Vereinbarung über eine landesweite Waffenruhe soll um Mitternacht Ortszeit (23.00 Uhr MEZ) in Kraft treten. Der russische Präsident Wladimir Putin verkündete in Moskau die Einigung zwischen der Regierung von Präsident Baschar al-Assad und mehreren Oppositionsgruppen.
Das US-Außenministerium nannte den Waffenstillstand eine "positive Entwicklung". Außenamtssprecher Mark Toner äußerte die Hoffnung, dass die Vereinbarung "vollständig umgesetzt und von allen Parteien eingehalten" werde. "Jegliche Bemühung zur Beendigung der Gewalt, zur Rettung von Leben und zur Schaffung von Bedingungen für erneute und produktive politische Verhandlungen wäre willkommen", sagte er.
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan nannte den Waffenstillstand eine "historische Gelegenheit" und eine Chance, die nicht verspielt werden dürfe. Er bekräftigte, "Terrorgruppen" seien von der neuen Waffenruhe ausgenommen. Dazu gehören jihadistische Milizen wie die Organisation Islamischer Staat (IS) und die Kämpfer der al-Kaida nahen ehemaligen Al-Nusra-Front, die jetzt Jabhat Fatah al-Sham heißt.
Verbündete oder Terrorgruppen
Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu sagte, große Teile Syriens seien unter Kontrolle von sieben Gruppen der gemäßigten Opposition. Wer sich der Vereinbarung nicht anschließe, werde als Terrorgruppe bekämpft.
Auch der Iran begrüßte die Waffenruhe in Syrien. Darüber hinaus sicherte Außenmister Mohammad Javad Zarif seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow eine enge Zusammenarbeit Teherans bei den bevorstehenden syrischen Friedensverhandlungen zu. Beide Minister wollen jedoch trotz Feuerpause den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat in Syrien weiterhin konsequent fortsetzen, wie es auf der Webseite des iranischen Außenministeriums am Donnerstag hieß.
Nach der Umsetzung des Waffenstillstands sollen Verhandlungen unter der Schirmherrschaft der Türkei und Russlands zwischen der syrischen Regierung und ihren bewaffneten Gegnern in der kasachischen Hauptstadt Astana stattfinden. Erdogan sagte dazu, diese Verhandlungen seien nicht als Konkurrenzveranstaltung zum Genfer Friedensprozess der UNO gedacht, sondern als Ergänzung und Unterstützung desselben.
Eine halbe Million Tote
Im syrischen Bürgerkrieg, der 2011 als Aufstand gegen Assad begann, sind etwa 500.000 Menschen getötet worden. Frühere Versuche international ausgehandelter Waffenstillstände scheiterten. Mitte Dezember aber hatten die russische Luftwaffe und iranische Milizen Assad zur strategisch wichtigen Rückeroberung der Stadt Aleppo verholfen.
Dem türkischen Außenministerium zufolge verpflichten sich die Konfliktparteien, bewaffnete Angriffe zu stoppen. Das umfasse auch Luftangriffe. Sie verpflichten sich außerdem dazu, die Gebiete unter ihrer Kontrolle nicht auszudehnen. Lawrow sagte, die USA könnten sich den Friedensbemühungen nach der Amtsübernahme von Präsident Donald Trump anschließen. Auch Ägypten, Saudi-Arabien, Katar, Irak und Jordanien seien eingeladen, sich dem Prozess anzuschließen.
Kämpfe in Damaskus
Die oppositionelle Syrische Nationale Koalition (SNC) rief alle Rebellengruppen dazu auf, sich an die Abmachung zu halten. Die Freie Syrische Armee werde das Abkommen befolgen, teilte die SNC mit. Sie werde aber auf Verstöße seitens der syrischen Armee und ihrer Verbündeten reagieren. Samir Nashar, Mitglied der syrischen Opposition, begrüßte die Waffenruhe. Es müsse aber jemanden geben, um die Einhaltung zu überwachen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Türkei unterstützt die Opposition in Syrien, Russland die Regierung von Assad. Am Donnerstag hatte es zunächst erneut Kämpfe in der Nähe von Damaskus gegeben. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete zudem von Luftangriffen.