In der Abschlusserklärung des EU-Gipfels fordern die 28 EU-Regierungen, dass die Kriegsparteien in Syrien sofortige Hilfe für die Menschen in Aleppo und den Zugang internationaler Beobachter ermöglichen müssten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel warf Syriens Verbündeten Russland und Iran eine Mitschuld an Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung vor. Diese müssten geahndet werden, verlangte die Kanzlerin. Dem UN-Sicherheitsrat warf Merkel Versagen vor. Angesichts der Kriegsgräuel will die EU alle verfügbaren diplomatischen Kanäle nutzen, um die Not der Menschen zu lindern.

"Uns ist das Leiden nicht egal", sagte Ratspräsident Donald Tusk. Ziel seien humanitäre Korridore in das zerstörte Ost-Aleppo, freier Zugang für Helfer und eine Evakuierung unter internationaler Aufsicht. Tusk gestand allerdings ein, dass "wir nicht so effektiv sind, wie wir es gerne wären". Er hatte den Bürgermeister von Ost-Aleppo zum Gipfel geladen, um "die Stimme der Menschen von Aleppo zu hören, zumindest auf diese symbolische Weise". Der französische Präsident Francois Hollande warnte, in Ost-Aleppo befänden sich noch 50.000 Menschen "in der Falle".

Bekenntnis zum Flüchtlingspakt

Im Dauerstreit über die EU-Asylpolitik kamen die Staats- und Regierungschefs kaum voran. Tusk räumte ein: "Wir wissen, dass noch mehr zu tun ist." Merkel hatte schon zu Beginn klargestellt, dass sie verstärkt auf den Kampf gegen Menschenschlepper und gegen die Fluchtursachen setzt. Die Debatte soll nach Tusks Worten beim informellen EU-Gipfel auf Malta im Februar fortgesetzt werden.

Die Staats- und Regierungschefs bekannten sich aber erneut zum Flüchtlingspakt mit der Türkei. Tusk stellte dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan einen Gipfel Anfang 2017 in Aussicht. Dann könnte es auch um die Vertiefung der Zollunion mit Ankara gehen, sagte Tusk. Als Termin ist nach Angaben von EU-Diplomaten ein Datum nach dem EU-Gipfel am 10. März anvisiert. Der letzte EU-Türkei-Gipfel fand im März 2016 statt.

Verlängerung der Russland-Sanktionen

Die 28 EU-Staaten sind sich nun auch grundsätzlich einig über den Ausbau ihrer Zusammenarbeit bei der Verteidigung und bekennen sich dazu, zusätzliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen - also mehr für das Militär auszugeben. Beschlossen wurde, dass die EU dazu auch ein Hauptquartier zur Planung von zivilen und militärischen Einsätzen bekommt. Großbritannien gab den bisherigen Widerstand auf, neben der NATO auch in der EU eine engere Sicherheitskooperation zu forcieren. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kritisierte Ineffizienz bei den Verteidigungsausgaben.

Trotz Milliardenverlusten für die eigene Wirtschaft sprachen sie sich auch für die Verlängerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland bis mindestens 31. Juli 2017 aus. Verhängt worden waren sie 2014 wegen der Ukraine-Krise. Verlängert wurden die Handels- und Investitionsbeschränkungen nun, weil das Minsker Waffenstillstandsabkommen nach wie vor nicht umgesetzt ist.

Auch mit einer weiteren Entscheidung stellten sich die 28 Staats-und Regierungschefs gegen Russland: Mit einer Zusatzerklärung wollen sie den Weg zur Ratifizierung des von Moskau scharf kritisierten Partnerschaftsabkommens mit der Ukraine ebnen.

Das Abkommen lag auf Eis, weil niederländische Wähler im Frühjahr bei einem Referendum mehrheitlich dagegen gestimmt hatten. Die rechtsverbindliche Erklärung soll die Bedenken ausräumen. Sie hält vor allem fest, dass das Abkommen der Ukraine nicht die Tür zur EU-Mitgliedschaft öffnet. Ministerpräsident Mark Rutte zeigte sich erleichtert: "Die EU kann jetzt die Front gegen die destabilisierende Politik Russlands geeint halten." Das Abkommen sieht deutlich engere Beziehungen sowie Zollfreiheit zwischen der Ukraine und der EU vor. Russland sieht die Westbindung der Ukraine grundsätzlich kritisch.

Ohne Großbritannien vereinbarten die 27 bleibenden Mitglieder auch einige Grundsätze für die Verhandlungen über den Brexit, die nächstes Jahr beginnen sollen. So wollen die EU-Staaten das Europäische Parlament stärker an den Vorbereitungen für den Austritt Großbritanniens aus der EU beteiligen. Zuvor hatte der scheidende EU-Parlamentspräsident Martin Schulz damit gedroht, dass sein Haus ein Veto gegen eine mögliche Einigung der EU-Staaten mit der Regierung in London einlegen könnte.