14.30 Uhr: Rebellen und Regierung einigen sich
Die am Freitag abgebrochene Evakuierung der Rebellenhochburg Ost-Aleppo soll nun doch weitergehen. Rebellen und Regierung einigten sich am Samstag auf ein neues Abkommen, das den Abzug der restlichen Kämpfer und Zivilisten aus dem umkämpften Stadtteil ermöglichen soll.
Neben Ost-Aleppo sollten auch die beiden von den Aufständischen eingekesselten Schiiten-Dörfer al-Fua und Kefraya evakuiert werden, kündigte Rebellensprecher al-Faruk Abu Bakr aus Aleppo gegenüber dem Nachrichtensender al-Arabiya al-Hadath an. Zudem sollten Verletzte zwei Orte nahe der libanesischen Grenze verlassen dürfen, die von Kämpfern des Regierungslagers belagert werden. In syrischen Regierungskreisen wurde dies bestätigt.
Nach Hisbollah-Angaben fuhren in Aleppo bereits Busse los, um die Menschen in al-Fua und Kefraya abzuholen. In den beiden Dörfern sind nach Angaben der oppositionsnahen "Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte" etwa 20.000 Menschen gefangen, unter ihnen etwa 4.500 Kämpfer aufseiten der Regierung von Präsident Bashar al-Assad. Die Evakuierung Ost-Aleppos solle zeitgleich mit dem Abtransport Verletzter aus den beiden Dörfern ablaufen, sagte ein Unterhändler der syrischen Regierung. Auch aus den Orten Sabadani und Madaya sollten Menschen abziehen dürfen.
10.40 Uhr: Tausende warten auf Evakuierung
Im syrischen Aleppo haben am Samstag tausende Menschen bei eisiger Kälte und ohne Nahrung auf eine Fortsetzung der Evakuierung gewartet. Wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP berichtete, harrten Zivilisten und Kämpfer in dem noch immer zum Teil von Rebellen gehaltenen Viertel Al-Amiriyah auf der Straße oder in den Ruinen der zerbombten Häuser aus.
Ein Rebellenvertreter sagte, es gebe eine Einigung auf eine Wiederaufnahme der Evakuierung, aber die Regierung bestätigte dies zunächst nicht. Nach Angaben des UN-Sonderbeauftragten für Syrien, Staffan de Mistura, befinden sich in dem fast vollständig von der syrischen Armee zurückeroberten Osten von Aleppo noch etwa 40.000 Zivilisten sowie bis zu 5.000 Rebellenkämpfer und ihre Familien.
Angesichts der verheerenden humanitären Lage in Ost-Aleppo hatte am Donnerstag die Evakuierung der zerstörten Stadtviertel begonnen, doch die syrische Armee setzte sie am Freitag aus. Sie warf den Rebellen vor, diese hätten sich nicht an die "Bedingungen der Vereinbarung" gehalten. Aus Militärkreisen hieß es, Rebellen hätten das Feuer eröffnet und versucht, Geiseln zu nehmen.
Die eingeschlossenen Zivilisten haben weder Lebensmittel noch Trinkwasser. Sie ernähren sich lediglich von Datteln. Weil sie geglaubt hatten, sie würden die Stadt verlassen, hatten viele Bewohner ihren Besitz verbrannt, damit er nicht in die Hände der Soldaten fällt. Seit Donnerstag wurden nach Angaben von Aktivisten rund 8.500 Menschen, darunter 3.000 Kämpfer, nach West-Aleppo gebracht.
9.40 Uhr: Neue Vereinbarung zur Evakuierung
In Syrien gibt es nach Rebellen-Angaben eine neue Vereinbarung zur Evakuierung der von Aufständischen kontrollierten Teile Ost-Aleppos. Der Rebellen-Vertreter Al-Faruk Abu Bakr sagte am Samstag dem Nachrichtensender Al-Arabiya al-Hadath, die Kriegsparteien hätten sich darauf geeinigt, dass auch zwei von Aufständischen eingekesselte Schiitendörfer evakuiert werden.
Dies hatten regierungsfreundliche Milizen gefordert. Nach Angaben von Abu Bakr sollen zudem aus zwei Städten nahe der Grenze zum Libanon, die von regierungsnahen Kämpfern belagert werden, Verletzte evakuiert werden. Ferner umfasse die Vereinbarung auch die komplette Evakuierung der von Rebellen gehaltenen Gebiete in Ost-Aleppo. Diese war am Freitag vorerst abgebrochen worden. Weder von der syrischen Regierung noch von der sie unterstützenden Militärallianz waren zunächst Stellungnahmen zu erhalten.
7.30 Uhr: Obama sieht "Blut an Händen von Assad"
US-Präsident Barack Obama hat das Vorgehen des Assad-Regimes und Russlands in Syrien mit scharfen Worten angeprangert. Das Blut der Syrer klebe an ihren Händen, sagte Obama am Freitag auf einer Pressekonferenz in Washington insbesondere auch mit Blick auf die jüngste Entwicklung in Aleppo.
Dort hatte das Regime von Präsident Bashar al-Assad die Evakuierung der Rebellengebiete nach nur einem Tag gestoppt. Obama setzte sich für die Entsendung unabhängiger internationaler Beobachter zur Überwachung weiterer Evakuierungen ein. Die Welt dürfe sich nicht abwenden, sagte er und räumte ein, dass der Syrien-Konflikt eine der härtesten Probleme sei, mit denen er es in seiner achtjährigen Präsidentschaft zu tun gehabt habe.
Die Entwicklungen am Freitag, 16. Dezember zum Nachlesen
16.00 Uhr: Unklare Lage in Aleppo
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums haben alle Zivilisten und die meisten Rebellen den Osten der syrischen Metropole Aleppo verlassen. Die Nachrichtenagentur Tass meldete am Freitag unter Berufung auf einen Ministeriumssprecher, mehr als 3.400 Kämpfer der moderaten Opposition hätten ihre Waffen niedergelegt. Die Einnahme Aleppos bereite den Weg für eine friedliche Lösung des Konfliktes.
Rebellenvertreter widersprachen den russischen Angaben. Die Evakuierung sei bei Weitem nicht abgeschlossen. Nur die Verletzten und einige Zivilisten hätten den Stadtteil verlassen, sagte ein Sprecher der Gruppe Fastakim. Das mit Russland verbündete syrische Regime erklärte, die Evakuierung Aleppos werde weitergehen, sobald die Rebellen den Abtransport von Verwundeten aus den von ihnen belagerten schiitischen Dörfern al-Foua und Kefraya in der Region Idlib zuließen. Das sagte ein syrischer Funktionär laut der Nachrichtenagentur Reuters.
14.00 Uhr: Friedensgespräche in Kasachstan
Russland und die Türkei arbeiten gemeinsam an neuen Syrien-Friedensgesprächen in Kasachstan. Nach dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bekräftigte am Freitag in Ankara auch der türkische Außenminister Mevlut Cavusolgu, man wolle die syrische Opposition und Regimevertreter bei Gesprächen in dem zentralasiatischen Land zu einem syrienweiten Waffenstillstand bewegen.
Ein Verhandler der Rebellen signalisierte umgehend die Bereitschaft zur Teilnahme. "Wenn es die Absicht zu einer echten politischen Lösung für eine Übergangsregierung mit voller exekutiver Gewalt gibt", würde es Unterstützung geben, sagte Oppositionsführer Riyad Hijab nach einem Treffen mit dem dänischen Außenminister Anders Samuelsen in Kopenhagen.
12.30 Uhr: Evakuierung beendet
Die russische Armee hat die Evakuierung der syrischen Metropole Aleppo für beendet erklärt. Alle Frauen und Kinder seien aus Rebellengebieten im Osten Aleppos herausgebracht worden, teilte das russische Verteidigungsministerium am Freitag nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax mit. Die syrische Armee gehe in einigen Vierteln weiter gegen "radikalisierte" Rebellen vor.
Von den Rebellen und Hilfsorganisationen hieß es indes, die Evakuierung müsse weitergehen. "Bedauernswerterweise ist die Operation unterbrochen worden. Wir rufen die Konfliktparteien dazu auf, sicherzustellen, dass sie wieder aufgenommen wird und unter den richtigen Bedingungen voranschreiten kann", schrieb ein führender Mitarbeiter des Roten Kreuzes über Twitter.
Das türkische Außenministerium erklärte, es habe eine Blockade beim letzten Evakuierungskonvoi aus Aleppo gegeben. Die syrische Regierung und andere Kräfte behinderten den Evakuierungsprozess. Es würden Gespräche geführt, um die Situation zu klären.
Türkische Rotkreuz-Vertreter berichteten inzwischen, im Zuge der Evakuierung der Viertel im Osten Aleppos seien mehr als 50 Schwerverletzte in die Türkei gebracht worden. Wie der Präsident des türkischen Roten Halbmonds, Kerem Kinik, am Freitag im türkischen Grenzort Cilvegözü der Nachrichtenagentur AFP sagte, handelte es sich um "Zivilisten aus dem belagerten Aleppo".
11.00 Uhr: Hilfsorganisationen sollen abziehen
Hilfsorganisationen wurden aufgefordert, Busse und Ambulanzfahrzeuge aus den Rebellengebieten im Osten der Stadt abzuziehen, sagte ein Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation WHO am Freitag. Er hoffe, dass es sich nur um eine zeitweilige Unterbrechung handle. Es harrten weiterhin viele Menschen in Ostaleppo darauf, weggebracht zu werden.
Das syrische Regime warf den Rebellen vor, gegen die Auflagen für den kampflosen Abzug verstoßen haben. Die Rebellen und der Oppositionssender Orient TV berichteten, schiitische Milizen hätten auf Evakuierungs-Fahrzeuge gefeuert. Ein Augenzeuge sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dort, wo Busse Aleppo verließen, seien Einschläge zu hören gewesen.
Ein Sender der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah berichtete, Protestierende hätten die Abzugsrouten blockiert und die Evakuierung von zwei von den Rebellen eingeschlossenen schiitischen Dörfern gefordert. Der Iran hatte zuvor die Einbeziehung der Ortschaften Foua und Kefraya in die Evakuierung gefordert.
10.00 Uhr: Aufstand der Rebellen
Nach Angaben aus Sicherheitskreisen des syrischen Regimes ist die Evakuierung der Metropole Aleppo unterbrochen worden. Es habe "Behinderungen" gegeben, sagte ein syrischer Funktionär am Freitag. Nach einem Bericht des syrischen Staatssenders Ikhbariya hätten die abziehenden Rebellen versucht, im Zuge der Evakuierung Gefangene mitzunehmen - und damit Auflagen für den kampflosen Abzug verletzt.
An der Straße, an der Busse Ost-Aleppo verließen, seien Explosionen zu hören gewesen, sagte eine vor Ort befindliche Person der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag.
9.00 Uhr: Syrische Armee rückt weiter vor
Die Evakuierungsmission in den Rebellengebieten von Ost-Aleppo könnte nach Ansicht von Helfern noch Tage dauern. Bis zum späten Donnerstagabend seien etwa 3000 Zivilisten und einige Verletzte aus der Stadt herausgebracht worden, sagte die Leiterin der Mission des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Marianne Gasser. Rot-Kreuz-Helfer sprechen vom "Schlimmsten", das sie je gesehen haben.
Die syrische Armee rückte unterdessen in einige frühere Rebellengebiete in Ost-Aleppo ein und hisste ihre Fahnen auf den großteils zerstörten Gebäuden.
Mehr als 200 Verletzte und Kranke
Trotz Dunkelheit sei die Mission zunächst weitergelaufen, die Busse seien erneut in die Rebellengebiete aufgebrochen. Zunächst hatte sich der Beginn der Mission verzögert. Bevor die ersten Menschen herausgebracht werden konnten, habe es Schüsse gegeben, sagte Gasser. Bis zuletzt sei nicht klar gewesen, ob die internationalen Helfer ihre Mission durchführen konnten. In den eingeschlossenen Gebieten warteten immer noch mehr als 200 Verletzte und Kranke auf ihren Abtransport.
Der Bürgermeister des umkämpften Ostteils der Stadt warnte die Staats- und Regierungschefs der EU bei deren Gipfel in Brüssel vor den Folgen unterlassener Hilfe für die eingeschlossenen Menschen, die kurz davor seien, "massakriert zu werden". Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach in Brüssel von "gezielten Angriffen auf Zivilpersonen (...), auf Krankenhäuser" und nahm auch das Assad-Regime in die Pflicht, dessen "Verstöße gegen das Völkerrecht" geahndet werden müssten. Sie warf dem UN-Sicherheitsrat Versagen vor, während Frankreichs Präsident Francois Hollande deutlich machte, dass für ihn auch Sanktionen gegen Russland wegen seiner Rolle im Syrien-Konflikt denkbar sind.
Weißhelme beschuldigen Russland
Hilfsorganisationen beschuldigen Russland der Kriegsverbrechen im syrischen Aleppo. Durch Luftangriffe russischer Kampfflugzeuge seien 1.207 Zivilisten, darunter 380 Kinder ums Leben gekommen, hieß es in einem Brief der Weißhelme und anderer Bürgerrechtsgruppierungen an einen Untersuchungsausschuss der Vereinten Nationen, den die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag einsehen konnte.
Demzufolge gab es zwischen Juli und Dezember in der Region Aleppo etwa 304 Angriffe, für die mit großer Wahrscheinlichkeit Russland verantwortlich ist. "Die Beweise deuten klar darauf hin, dass Russland Kriegsverbrechen in Syrien begangen hat oder daran beteiligt war", hieß es in dem 39-seitigen Schreiben. Die Angaben stützten sich auf Zeugenaussagen, Videomaterial, abgefangene Tonmitschnitte aus Cockpits der Kampfjets und der verwendeten Munition. Die russische Vertretung bei den Vereinten Nationen war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Russland unterstützt in dem Bürgerkrieg Staatschef Bashar al-Assad. Das Land hatte erklärt, seit Mitte Oktober keine Angriffe mehr auf Aleppo zu fliegen.
Kerry will dauerhafte Waffenruhe
Aleppo gehörte zu den am schwersten umkämpften Orten im syrischen Bürgerkrieg. Fast seit Beginn der Kämpfe vor mehr als vier Jahren war die Stadt zwischen der syrischen Armee und bewaffneten Aufständischen geteilt. Vor einem Monat hatte die Armee zusammen mit Verbündeten eine Großoffensive auf die Rebellengebiete gestartet und fast alle Viertel im Osten Aleppos zurückerobert. Die Rebellen einigten sich mit der Führung in Damaskus auf einen Abzug.
US-Außenminister John Kerry forderte eine dauerhafte Waffenruhe im syrischen Aleppo und sofortigen Zugang für Hilfskräfte. Er teile den Ärger, den die meisten Menschen angesichts der Attacken auf Frauen, Kinder und Hilfskräfte empfänden, sagte Kerry am Donnerstag in Washington. Es gebe keinerlei Rechtfertigung für die Brutalität, die das syrische Regime, die Russen und die Iraner über die vergangenen fünf Jahre an den Tag gelegt hätten, sagte Kerry.
Die fliehenden Menschen dürften keinesfalls attackiert werden, sagte der US-Außenminister. Ein zweites Srebrenica - die Tötung einer großen Zahl von Zivilisten in einem kleinen Gebiet im Konflikt Ex-Jugoslawiens - müsse unter allen Umständen vermieden werden.
Entsendung von UN-Beobachtern gefordert
Frankreich warb für die Entsendung von UN-Beobachtern nach Aleppo. Die Vereinten Nationen hatten pro-syrischen Truppen vor einigen Tagen vorgeworfen, bei der Offensive auf die Rebellengebiete Häuser gestürmt und zahlreiche Zivilisten getötet zu haben. Das russische Verteidigungsministerium warf den Rebellen im Gegenzug vor, in den Gefängnissen seien Zivilisten gefoltert worden.
Der UN-Sicherheitsrat befasst sich am Freitag in einer Dringlichkeitssitzung mit der Lage in der lange umkämpften syrischen Stadt Aleppo. Die Sitzung wurde von Frankreich beantragt, das auf die Entsendung internationaler Beobachter dringt. Sie sollen den Abtransport von Zivilisten und humanitäre Hilfslieferungen überwachen.
Mit dem Abzug der Rebellen aus Ost-Aleppo kontrolliert die syrische Armee wieder alle großen Städte im Land.