Am Ende mehrtägiger politischer Konsultationen, um einen Ausweg aus der politischen Krise in Rom zu finden, hat Italiens Staatschef Sergio Mattarella den scheidenden Außenminister Paolo Gentiloni mit der Regierungsbildung beauftragt. Gentiloni ist ein Spitzenpolitiker der Demokratischen Partei (PD), der stärksten Einzelkraft im italienischen Parlament.
Der 61-jährige Gentiloni nahm Mattarellas Auftrag bedingt an, teilte der Generalsekretär im Quirinal, Ugo Zappetti, mit. Er muss prüfen, ob er eine Mehrheit auf die Beine stellen kann. Mattarella führte ein 45 Minuten langes Gespräch mit Gentiloni, bevor er ihm den Regierungsauftrag erteilte.
Der 61-Jährige, Erbe der Grafen Gentiloni Silverj, lebt in einem noblen Palazzo fast vis-a-vis vom Quirinalspalast, Sitz von Staatspräsident Sergio Mattarella, der ihm den Regierungsauftrag erteilt hat. Mit Mattarella hat der designierte Premier die katholische Erziehung und das höfische Auftreten gemeinsam. Im Gegensatz zu Renzi, der sich von der toskanischen Provinz aus eine rasante Karriere aufgebaut hat, vertritt der eher uncharismatisch wirkende Gentiloni eine römische Führungselite, die im Zeichen der Kontinuität steht. Schließlich sitzt er seit 15 Jahren im Parlament.
Gentiloni gilt als erfahrener Politiker des italienischen Mitte-Links-Lagers. Understatement ist sein Lebensstil. Schon in jungen Jahren interessierte sich Gentiloni für Politik, widmete sich aber auch dem Journalismus. Acht Jahre lang war er Chefredakteur eines Magazins des Umweltschutzverbands Legambiente. 1993 wurde er Sprecher des damaligen römischen Bürgermeisters Francesco Rutelli. Als Stadtratsmitglied spielte Gentiloni eine entscheidende Rolle bei der Organisation des Jubiläumsjahres 2000, das Millionen Pilger in die Ewige Stadt führte.
Gentiloni gilt als Vertrauensmann Renzis, der ihn im Oktober 2014 anstelle der zur EU-Außenbeauftragten avancierten Federica Mogherini zum Außenminister ernannte. In diesem Amt musste sich Gentiloni intensiv mit der Flüchtlingsthematik auseinandersetzen. Unermüdlich machte er Druck auf die EU, damit Italien mehr Unterstützung im Umgang mit der Flüchtlingskrise erhalte. Gentiloni hat sich auch eingehend mit den Krisen in Libyen und Afghanistan befasst. Er war außerdem der erste Minister eines EU-Landes, der nach der Aufnahme der Beziehungen mit den USA nach Kuba reiste.
Sein Vermittlungstalent wird Gentiloni jetzt vor allem für den Aufbau einer handlungsfähigen Regierung brauchen. Er muss eine breite Koalition aufbauen, die ein neues Wahlgesetz im Parlament unter Dach und Fach bringen kann. Die neue Regierung soll die Reformen fortsetzen, die Renzi in die Wege geleitet hatte und dann eventuell den Weg zu Neuwahlen ebnen.
Viel Unterstützung kann sich Gentiloni von den Oppositionsparteien nicht erhoffen, die auf sofortige Neuwahlen drängen.