Der Kampf gegen Korruption ist das Hauptthema vor der Parlamentswahl in Rumänien am heutigen Sonntag. Die Justiz hat viel gegen korrupte Politiker getan. Die Anhänger von Regierungschef Ciolos sehen in ihm einen Garanten für eine Fortsetzung des Anti-Korruptions-Kurses.

Knapp zwei Wochen vor der Parlamentswahl in Rumänen wollte Staatspräsident Klaus Johannis (Iohannis) Anfang Dezember ein Zeichen gegen Korruption setzen: Demonstrativ lud er Politiker, die Probleme mit der Justiz haben, nicht zur Militärparade des Nationalfeiertags ein. Zu den Ausgeladenen gehörte auch der Vorsitzende der Sozialdemokraten (PSD), Liviu Dragnea. Er war 2015 wegen Manipulationen bei einem Referendum zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Seinen Vorgänger Traian Basescu lud Johannis hingegen ein - auch der bürgerliche Ex-Staatschef (2004-14) steht unter Korruptionsverdacht. Der Deutschstämmige Johannis ist parteilos, steht aber der bürgerlichen PNL (Nationalliberale) nahe.

Kaum ein Thema wird vor der Parlamentswahl am Sonntag (11. Dezember) in Rumänien so heiß diskutiert wie Korruption in der Politik. Und kaum ein Thema verunsichert die Menschen mehr. Der Verein Initiativa Romania hat eine Website gestartet, die über jeden Kandidaten Angaben zu Korruptionsvorwürfen, Interessenskonflikten und Haltung zum Rechtsstaat enthält. Von den 746 Kandidaten sollen 352 nach diesen Kriterien dubios sein.

Eine Szene am Nikolaustag in der kleinen Stadt Baia Mare steht exemplarisch für die Situation im Land: Der Nikolaus kommt in umstrittener politischer Begleitung. Catalin Chereches, Bürgermeister der nordwestrumänischen Stadt, steht neben dem Mann im rot-weißen Kostüm mit Rauschebart und verteilt Gaben an bedürftige Kinder. Für diesen Auftritt in einer Kirche hat ein Gericht Chereches erlaubt, seinen Hausarrest zu verlassen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Korruption vor. Trotzdem wurde Chereches vor einem halben Jahr mit 70,14 Prozent der Stimmen als Bürgermeister wiedergewählt. Damals saß er in Untersuchungshaft.

Rumänien verfolgt seit Jahren korrupte Politiker aller Parteien. Es gibt sogar eine Sondereinheit der Staatsanwaltschaft, die DNA (Anti-Korruptions-Behörde). Pro Jahr sind seit 2013 Tausende Korruptionsverdächtige auf der Anklagebank gelandet. DNA-Chefin Laura Kövesi wird daher ständig aus der Politik attackiert, was andere EU-Regierungen mit Sorge beobachten.

Die Angriffe kommen vor allem von den Sozialdemokraten - und seit neuestem sogar aus dem Nachbarland Ungarn: Der rechtsnationale Budapester Regierungschef Viktor Orban hat Rumäniens Justiz vorgeworfen, aus politischen Gründen gegen Vertreter der rumänischen Ungarn-Partei UDMR vorzugehen.

Nach Lesart von Ministerpräsident Dacian Ciolos geht es bei der Parlamentswahl darum, ob der Kampf gegen Korruption Erfolg hat. Als Garanten dafür stellt der parteilose Ex-EU-Kommissar die Mitte-Rechts-Parteien PNL und die öko-liberale Partei USR dar, die ihm für den Fall eines Wahlsieges das Amt des Regierungschefs angeboten haben. Der Technokrat Ciolos übernahm das Regierungsamt vor einem Jahr, nachdem die PSD-Regierung des korruptionsumwitterten Premiers Victor Ponta wegen Straßenprotesten zurückgetreten war.

Ob die Wähler Ciolos weiter regieren lassen, ist völlig offen. Die Umfragen sehen die aus den Kommunisten hervorgegangene PSD als Wahlsieger mit 40 Prozent, obwohl diese Partei keinen klaren Spitzenkandidaten hat. Ciolos' PNL und USR kommen in den Umfragen zusammen auf knapp weniger als 40 Prozent. Das könnte im Endspurt die dynamische USR (Union Rettet Rumänien) ändern, die in Umfragen allein bei bis zu 19 Prozent steht, obwohl sie erst seit eineinhalb Jahren existiert. Als wahrscheinlicher aber gelten knappe Mehrheitsverhältnisse, die den Kleinparteien Bedeutung verleihen würden - darunter der Ungarn-Partei UDMR, deren Wiedereinzug ins Parlament aber als gefährdet gilt.

Erstmals können im Ausland wohnende Rumänen bei dieser Parlamentswahl ihre Stimme auch per Briefwahl abgeben. Die Möglichkeit war eingeführt worden, nachdem es bei der Präsidentschaftswahl 2014 zu massiven Problemen bei der Stimmabgabe im Ausland gekommen war. Tausende Auslandsrumänen konnten trotz stundenlangen Wartens nicht von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen, weil zu wenige Wahllokale eingerichtet worden waren. Auch in Wien bildeten sich vor zwei Jahren lange Warteschlangen und viele wahlberechtigte Rumänen konnten ihre Stimme nicht abgeben.

Für die Parlamentswahlen am Sonntag wurden von der Botschaft insgesamt neun Wahllokale in Wien, Graz, Salzburg und Klagenfurt eingerichtet. Insgesamt leben laut der Medienservicestelle Neue Österreicher/innen (MSNÖ) knapp 83.000 Rumänen in Österreich, 30.000 davon in Wien. Hinter den Deutschen handelt es sich damit um die größte Einwanderungsgruppe aus EU-Mitgliedstaaten.