Nach dem offiziellen Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi infolge seiner Niederlage beim Referendum über eine weitreichende Verfassungsreform am Sonntag, wird in Rom einen Ausweg aus der Regierungskrise gesucht. Staatspräsident Sergio Mattarella beginnt am Donnerstagabend politische Konsultationen mit den Parteien auf der Suche nach einer Lösung.
Mattarella wird zuerst den Parlamentsvorsitzenden, Pietro Grasso und Laura Boldrini, sowie seinen Amtsvorgänger Giorgio Napolitano treffen. Die Gespräche mit den Parteien beginnen erst am Freitag und sollen auch am Wochenende fortgesetzt werden. Die Unterredungen mit den stärksten Parteien im Parlament sind für Samstag geplant. Als wahrscheinlich gilt, dass Mattarella eine Expertenregierung einsetzt, die bis zur Verabschiedung eines neuen Wahlgesetzes im Amt bleibt. Als künftige Regierungschefs werden in Rom unter anderen Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan und Senatspräsident Grasso gehandelt.
Auch Renzi, der nicht die Delegation seiner Demokratischen Partei (PD) bei den Gesprächen mit Mattarella am Samstag führen wird, schloss eine Übergangsregierung nicht aus. "Wenn die Parteien im Parlament mit dieser Legislaturperiode weitermachen wollen, müssen sie eine Regierung unterstützen, die ein neues Wahlgesetz verabschiedet", schrieb Renzi kurz vor seinem Rücktritt am Mittwoch. 2017 sei für Italien auf internationaler Ebene ein wichtiges Jahr. So seien im März die Feierlichkeiten für das 60. Jubiläum der EU-Gründungsverträge von Rom sowie ein G-7-Gipfel im sizilianischen Taormina vorgesehen. Seine PD rief Renzi auf, nicht das Vertrauen von "Millionen und Millionen von Italienern" zu enttäuschen, die die Verfassungsreform - trotz des klaren mehrheitlichen Neins - unterstützt hatten.
Rasche Neuwahlen
Die meisten politischen Kräfte setzen jedoch auf rasche Neuwahlen. Dazu zählt insbesondere die europakritische Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo, die ihre Mitglieder bereits aufforderte, im Internet über künftige Kabinettsmitglieder und die Programmatik der künftigen Regierung abzustimmen. Die ausländerfeindliche Lega Nord drohte mit Bürgerprotesten, sollten nicht sofort Neuwahlen ausgeschrieben werden.
Der 41-jährige Renzi hatte am Mittwochabend seinen Rücktritt angekündigt, nachdem eine von ihm auf den Weg gebrachte Verfassungsreform am Sonntag bei einer Volksabstimmung abgelehnt worden war. Mattarella hatte den Premier gebeten, bis zur Verabschiedung des Haushaltsgesetzes im Senat im Amt zu bleiben. Am Mittwoch hatte der Senat den Budgetentwurf abgesegnet, der bereits vergangene Woche von der Abgeordnetenkammer gebilligt worden war.
Vor seinem Rücktritt hatte Renzi dem Führungsgremium seiner Demokratischen Partei über die Referendumsniederlage berichtet und seine Bereitschaft zu Neuwahlen signalisiert. "Wir fürchten keine Neuwahlen. Unsere Partei hat keine Angst vor der Demokratie und vor Wahlen", kommentierte Renzi.