Nach seinem Rücktritt als italienischer Regierungschef will Matteo Renzi offenbar nicht von der politischen Bühne abtreten. Auch nach der Niederlage beim Referendum am Sonntag und seinem Rücktritt, den er nach der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes im Senat offiziell einreichen wird, will der 41-Jährige laut Medienberichten weiter eine wichtige Rolle im politischen Rom spielen.

Renzi will demnach sein Amt als Parteivorsitzender der Demokratischen Partei (PD) nicht abgeben. Bei der am Mittwoch geplanten Gremiumssitzung wolle er seine Strategie für den Neustart der Mitte-Links-Partei auch in Hinblick auf mögliche Neuwahlen klar machen, berichteten italienische Medien.

Renzis Vertrauensmann, Staatssekretär Luca Lotti, betonte, dass Renzi beim Referendum immerhin 40 Prozent der Stimmen erhalten habe. Dies sei derselbe Prozentsatz, wie ihn Renzis PD bei den Europawahlen 2014 erhalten habe. "Wir starten vom 40 Prozent des Referendums aufs Neue", twitterte Lotti.

Der 41-jährige Renzi könnte an der Spitze einer Mitte-links-Koalition in den Wahlkampf ziehen und versuchen, einen Wahlsieg der europakritischen Fünf Sterne-Bewegung zu verhindern, berichteten italienische Medien am Dienstag. Präsident Sergio Mattarella hatte den scheidenden Ministerpräsidenten am Montag zur Aufschiebung seines Rücktritts aufgefordert, bis das Parlament das Haushaltsgesetz 2017 verabschiedet hat. Der Senat will sich bemühen, am Freitag das Haushaltsgesetz über die Bühne zu bringen. Renzis Rücktritt könnte am selben Tag, oder spätestens am kommenden Dienstag erfolgen, heißt es in Rom.

Auf Neuwahlen drängt auch Renzis Bündnispartner und Innenminister Angelino Alfano, Chef der rechtskonservativen Regierungspartei NCD (Nuovo Centro Destra). "Sollten wir feststellen, dass die Legislaturperiode ihre Aufgabe erfüllt hat, sind Neuwahlen die beste Lösung", so Alfano im Interview mit der Tageszeitung "Corriere della Sera".

Zu den überzeugtesten Befürwortern vorgezogener Parlamentswahlen im Frühjahr zählt die "Fünf Sterne"-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo. "Wir werden nicht monatelang mit Parteien, die für die katastrophale Lage in Italien verantwortlich sind, um ein Wahlgesetz verhandeln. Die Italiener müssen endlich entscheiden, wer das Land regiert", erklärte der Spitzenpolitiker der Fünf Sterne-Bewegung Alessandro Di Battista.

Mit welchem Wahlgesetz Italien wählen soll, ist noch unklar. Renzi wartet auf ein Urteil des Verfassungsgerichts über das Wahlgesetz "Italicum", das das Parlament in Hinblick auf die gescheiterte Verfassungsreform verabschiedet hatte. Aufgrund der Gerichtsentscheidung könnte das "Italicum" geändert und noch vor den vorgezogenen Parlamentswahlen verabschiedet werden.

Zerstrittene Linke

Renzi wird sich im Partito Democratico (PD) vor allem mit dem linken Flügel auseinandersetzen müssen, der eine scharfe Kampagne für das "Nein" zur Verfassungsreform des Premiers geführt hatte. Die im Partito Comunista geschulte alte Garde der Partei, die Renzi "verschrotten" wollte, feiert ihre Revanche nach der Referendumsniederlage des ambitionierten Premiers. Die Front der Renzi-Gegner im PD führt Ex-Premier Massimo D'Alema an. Ihm gelang es viele linke Wähler davon zu überzeugen, bei der Volksabstimmung am Sonntag gegen Renzis Reform zu stimmen.

D'Alema und seine Freund im PD wollen die linke Identität der Partei wieder stärken. "Renzi hat den Fehler begangen, die Wahlkampagne zu stark auf sich zu beziehen. Das Referendum ist zu einem Plebiszit über Renzi selbst geworden. Der Premier hat das Land gespalten. Jetzt heißt es, das Blatt zu wenden", meinte Roberto Speranza, Chef des linken Flügels in Renzis PD. Pier Luigi Bersani, Renzis Vorgänger als Parteichef, forderte größere Anstrengungen für die Einheit der Partei: "Wer Parteichef ist, muss sich um eine Einigung der verschiedenen Positionen bemühen", sagte Bersani.

Die Renzi-Gegner in der Demokratischen Partei warten seit langem auf eine Revanche gegen den jungen Premier. "Man spuckt auf uns und unsere Geschichte. Alles hat seine Grenzen. Ich werde wie Schrott behandelt", protestierte Bersani. Jetzt hofft er auf einen Neustart des PD und auf eine Rückbesinnung auf seine sozialdemokratische Tradition.