Regierungstreue Milizen haben nach monatelangen
Kämpfen die letzte Hochburg der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Libyen erobert. Die Truppen hätten am Montag die Hafenstadt Sirte vollständig unter Kontrolle gebracht, erklärte ein Sprecher der mit der Einheitsregierung in Tripolis verbündeten Einheiten.

Der IS ist damit zwar in dem ölreichen nordafrikanischen Land weiterhin präsent, kontrolliert aber keine Städte mehr. Zwischenzeitlich hatte er in Libyen ein rund 300 Kilometer langes Gebiet am Mittelmeer beherrscht.

Sirte galt lange als heimliche Hauptstadt des IS in Libyen. Die Extremisten hatten den Geburtsort des ehemaligen Langzeitmachthabers Muammar al-Gaddafi Anfang 2015 eingenommen. Im Mai begannen regierungstreue Milizen eine Offensive, um den IS zu vertreiben. US-Jets unterstützten die Operation zuletzt mit Luftangriffen.

Nach anfänglichen Geländegewinnen verlangsamte sich jedoch der Vormarsch der Angreifer. Häuserkämpfe und Selbstmordattentäter des IS ließen die Zahl der Opfer stark steigen. Insgesamt starben seit Mai mindestens 600 regierungstreue Kämpfer.

Der Sprecher der regierungstreuen Milizen, Radi Issa, sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Einheiten hätten am Montag in Sirte auch das letzte noch von den Extremisten gehaltene Viertel Jisa Bachria unter Kontrolle gebracht. Das Gebiet werde jetzt nach IS-Kämpfern durchsucht, die sich versteckt haben könnten.

Das ölreiche Land versinkt seit dem Sturz von Langzeitmachthaber Gaddafi 2011 in einem Bürgerkrieg. Zudem konkurrieren zwei Regierungen miteinander. Eine von den UN unterstützte Führung in der Hauptstadt Tripolis konnte ihre Macht bisher nur auf Teile des Landes ausdehnen. Das international anerkannte Parlament im ostlibyschen Tobruk verweigert der Einheitsregierung die Legitimierung.

Der IS machte sich das Chaos und innenpolitische Vakuum in Libyen lange zunutze. Nach Syrien und dem Irak entwickelte sich das Land zum wichtigsten Stützpunkt für die Terrormiliz. Zahlreiche Extremisten aus anderen Ländern sollen hier Zuflucht gefunden haben. Kämpfer der Terrormiliz sollen noch in der Wüste im Süden des Landes
und in der Stadt Benghazi zu finden sein.

UN-Libyen-Vermittler Martin Kobler hatte in der vergangenen Woche gewarnt, der IS werde in dem Land trotz der Niederlage als Territorialmacht gefährlich bleiben. "Viele Terroristen haben sich im Land zerstreut und haben Schläferzellen gegründet. Sie werden irgendwann mal wieder aufwachen", sagte Kobler. Dass die Jihadisten an anderen Orten in Libyen ein neues sogenanntes Kalifat aufbauen könnten, schloss er nicht aus.

Mit der Niederlage in Sirte erleidet der IS einen weiteren Rückschlag. Zuletzt hatten die Extremisten sowohl in Syrien als auch im Irak große Gebiete verloren. Im Nordirak läuft seit mehreren Wochen eine Großoffensive auf die IS-Hochburg Mosul.