Eigentlich sollte man meinen, Russlands Präsident hätte mit der Bewältigung der Wirtschaftskrise, in der sein Land steckt, daheim ausreichend zu tun. Weil sich aber weder der Ölpreis, noch die Sanktionen oder die verschlafenen Strukturreformen rasch verändern werden, hat der Kreml-Herr zuletzt seine Energie verstärkt in die Außenpolitik gesteckt. So wird er heute, bei seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation, trotz der Schwierigkeiten zu Hause voller Selbstbewusstsein darauf verweisen, dass Russland zumindest im Ausland wird eine wichtige Rolle einnimmt.

Gespannt wartet man vor allem in den USA darauf, welche Signale Putin an den künftigen Präsidenten im Weißen Haus schicken wird. In den Wahlkampf hatte die russische Cyber-Armee massiv eingegriffen - gegen Hillary Clinton, die eine harte Haltung gegenüber Russland angekündigt hat. Mit Trump, der sogar die Sinnhaftigkeit der Nato infrage gestellt hatte,  hofft man im Kreml einen nachgiebigeren, vielleicht auch ahnungloseren Präsidenten als Gegenüber zu haben. Wie sehr sich Trump überhaupt für Europa interessieren wird, bleibt abzuwarten. In der Ukraine wachsen unterdessen Ängste, bei einem Deal der beiden einstigen Gegner aus dem Kalten Krieg zwischen die Räder zu geraten.

Doch auch sonst läuft die Außenpolitik für Putin wie am Schnürchen: In Frankreich wird aller Wahrscheinlichkeit mit Francois Fillon oder der Rechtsnationalistin Marine Le Pen nächstes Jahr ein Russland-freundlicher Präsident gewählt werden. Beide wollen die Sanktionen aufheben, die wegen der russischen Aggression in der Ukraine verhängt worden waren.

In Syrien feiert das Assad-Regime mit russischer Hilfe seinen militärischen Vormarsch in Aleppo - während Tausende auf der Flucht sind. Der Krieg hat dort eine neue Dimension der Brutalität erreicht. Und in Südosteuropa kamen zuletzt die Russland-freundlichen Kandidaten an die Macht. Die Probleme Russlands sind damit nicht gelöst, aber Putin zumindest sitzt damit weiter fest im Sattel.