Gut eine Woche nach der US-Wahl berät die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem scheidenden US-Präsidenten Barack Obama über die Zukunft der transatlantischen Beziehungen. Merkel will Obama am Donnerstagnachmittag um 15.15 Uhr offiziell zu dessen bis Freitag dauernden Abschiedsbesuch in Berlin empfangen.

Bei dem auf 1,5 Stunden angesetzten Gespräch geht es unter anderem um die Rolle der USA unter dem republikanischen Obama-Nachfolger Donald Trump bei der Bewältigung internationaler Krisen wie in Syrien. Die deutsche Kanzlerin hatte Obama am Mittwochabend in dessen Berliner Hotel Adlon zu einem Abendessen in privater Atmosphäre getroffen. Die Zusammenkunft dauerte drei Stunden und endete gegen 22.30 Uhr. Merkel und Obama speisten nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur unter vier Augen miteinander. Über die Inhalte ihres Gesprächs wurde zunächst nichts bekannt. Trump übernimmt das Präsidentenamt am 20. Jänner.

Abschiedsbesuch Obamams

Nach Angaben der deutschen Bundesregierung will Merkel mit Obama am Donnerstag unter anderem auch über den Umgang mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Ukraine-Krise sowie den Kampf gegen den internationalen Terrorismus reden. Auch die Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen, die Zukunft des geplanten EU-Handelsabkommens TTIP mit den USA und die Klimapolitik werden Thema sein. Da es sich um einen Abschiedsbesuch handle, würden die Kanzlerin und der Präsident auch auf die gemeinsamen Anstrengungen der vergangenen Jahre zurückblicken, teilte die Bundesregierung mit. Merkel und Obama wollen die Öffentlichkeit gegen 16.45 Uhr über die Ergebnisse ihrer Beratungen informieren.

Über das Besuchsprogramm Obamas am Donnerstag vor dem Treffen mit Merkel war nur wenig bekannt. Ob sich der Präsident in der Öffentlichkeit zeigen würde, blieb zunächst offen. Auf seiner Tagesordnung dürfte die Aufzeichnung eines ARD-Interviews stehen, das der Sender am Abend ausstrahlen wollte. Im Internet-Kurznachrichtendienst Twitter hatte die ARD-"Tagesschau" angekündigt, die Abendnachrichtensendung um 20.00 Uhr werde für das Interview ausnahmsweise etwas kürzer ausfallen.

Gemeinsames Abendessen

Die Kanzlerin und der US-Präsident wollten um 19.00 Uhr bei einem Abendessen in kleinerem Rahmen erneut im Kanzleramt zusammenkommen. An dem Treffen sollten herausragende Persönlichkeiten teilnehmen, "die auf ihre ganz eigene Art zur transatlantischen Zusammenarbeit beitragen", wie Regierungssprecher Steffen Seibert angekündigt hatte. Am Freitag ist ein Spitzentreffen von Merkel und Obama mit europäischen Staats- und Regierungschefs geplant. Dabei dürfte es um die Rolle Europas in der internationalen Politik und um den Umgang mit Kremlchef Putin gehen.

In einem am Mittwoch veröffentlichten gemeinsamen Beitrag für die "Wirtschaftswoche" (Freitag) warben Merkel und Obama für das Handelsabkommen TTIP und den Klimaschutz. Das wurde als Botschaft an Trump gewertet. Er gilt als Gegner des freien Welthandels und will Klimaschutzvorgaben für die US-Industrie streichen. Deutsche und Amerikaner müssten die Chance ergreifen, "die Globalisierung nach unseren Werten und Vorstellungen zu gestalten", schrieben die Kanzlerin und der noch amtierende Präsident.

Die Achse Washington-Berlin sei für die Weltwirtschaft und die G-20-Gruppe der Top-Wirtschaftsmächte enorm wichtig, ergänzten Merkel und Obama: "Jetzt, da die Weltwirtschaft sich schneller denn je entwickelt und die globalen Herausforderungen so groß wie nie sind, ist diese Zusammenarbeit wichtiger als jemals zuvor." Beide verteidigen die weltweiten Klimaschutzziele: "Die Partnerschaft zwischen den USA und Deutschland hat außerdem eine zentrale Rolle dabei gespielt, das Pariser Klimaschutzabkommen zu erreichen." Es wird befürchtet, dass die Trump-Regierung aus dem Abkommen aussteigt.

Mit dem drohenden Aus für das Handelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA wollen sich Obama und Merkel nicht abfinden. Es stehe außer Frage, dass sowohl deutsche als auch amerikanische Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Verbraucher und Landwirte von TTIP profitieren würden, heißt es im Obama-Merkel-Papier.