Mit Spannung wurde nicht nur in Athen die Grundsatzrede erwartet, die der scheidende US-Präsident Barack Obama am heutigen Mittwoch in der griechischen Hauptstadt hielt. Die Ansprache werde so etwas wie das politische Vermächtnis Obamas sein, erwarteten Beobachter.

Obama sprach die Ängste Europas vor der Machtübernahme durch seinen Nachfolger Donald Trump an: "Der nächste US-Präsident und ich, wir könnten nicht unterschiedlicher sein. Wir haben unterschiedliche Ansichten, aber die US-Demokratie ist größer als jede Person. Meine Administration wird alles tun, um den Machtübergang so glatt wie möglich zu gestalten. So funktioniert Demokratie."

Brüche in der Gesellschaft

Obama sprach die Brüche in der Gesellschaft an, die die Menschen vor neue Herausforderungen stellten und die Tendenz zu Ungleichheiten verschärften. Die Eliten lebten nach anderen Regeln, nützten Gesetzeslücken aus, vermieden Steuern, häuften große Reichtümer an, während die Mittel- und Unterschicht sich nach der Decke strecken müssten.

Diese Ungleichheit sei eine der größten Herausforderungen für unsere Demokratie. Weil die Menschen auch im entferntesten Afrika auf ihrem Handy auch sähen, wie Menschen in anderen Teil der Welt leben. Diese Ungleichheit anzupacken, sei ein Hauptaugenmerk seiner Politik gewesen, so Obama.

Kein Weg vorbei an Globalisierung

Es gebe den Impuls, vor der Globalisierung zurückzuschauen, aber „wir leben in einer globalen Lieferkette. Alles ist mit allem verbunden“. Man müsse nach vorne schauen: „Der Blick nach hinten bringt uns nichts“, wandte sich Obama gegen eine protektionistische Politik, wie sie von seinem Nachfolger Donald Trump zu erwarten ist.

Die Gewinne müssten auf mehr Menschen verteilt werden. Vieles habe er auch nicht geschafft, etwa, dass alle Menschen Löhne hätten, von denen sie leben könnten, aber es sei in die richtige Richtung gegangen. „Wenn Menschen eine Zukunft haben, werden sie sich nicht im Streit ergehen oder  von dunklen Mächten bedroht fühlen.“

Glaube an die Gerechtigkeit

Wie kann die Politik sicherstellen, dass in einer multikulturellen, multirassischen, multireligiösen Welt sowohl die Rechte der Einzelnen als auch die Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft erfüllt würden? "Demokratien werden schwieriger, wenn nicht alle gleich aussehen, dasselbe essen. Wir müssen auf die Bedürfnisse der Menschen besser eingehen."

Die Geschichte gebe Hoffnung. "Ich glaube stärker denn je, dass Martin Luther King Recht hatte, als er sagte, der Bogen der Weltgeschichte ist lang, aber er beugt sich hin zur Gerechtigkeit. Weil es Menschen gibt, die den Mut und die Zielstrebigkeit haben, diesen Bogen in Richtung einer besseren Zukunft zu wölben. Insbesondere Junge wählen die Hoffnung, nicht die Angst. Sie akzeptieren die Welt nicht so, wie sie ist, sondern führen sie dorthin, wo sie sein sollte", so Obama.

"Die Welt braucht Europa"

Die Welt brauche Europa, das wohlhabend, stark und demokratisch sei. Aber alle europäischen Institutionen müssten sich auch fragen: "Wie können wir garantieren, dass Menschen das Gefühl haben, dass sie noch gehört werden, dass  die Entscheidungen nicht abgehoben sind, dass die Regierungen die Interessen der Bürger erfüllen, nicht umgekehrt?"

Obama sprach auch die Nöte der Griechen an. Innere und äußere Ursachen seien die Ursache für die Verschuldung Griechenlands, der Reformprozess sei unumgänglich gewesen. Die Welt könne die Opfer der griechischen Bevölkerung dafür gar nicht genug schätzen. Die Aufmerksamkeit der Welt darauf zu richten, was das Land bereits geschafft habe, sei ein Zweck seines Besuchs in Griechenland. „Nichts kann den Geist dieses Volks brechen“.

Allein auf der Akropolis

Abgeschirmt von der Öffentlichkeit hatte der scheidende US-Präsident Barack Obama zuvor die Akropolis in Athen besichtigt. Die Altertümer auf dem "heiligen Felsen", wie die Griechen den Hügel im Stadtzentrum nennen, blieben dafür den gesamten Mittwoch vollständig für die Öffentlichkeit gesperrt. Auch griechische Fernsehsender konnten das präsidiale Sightseeing nur aus der Ferne zeigen.