Die EU-Staaten haben sich am Montag wieder nicht auf eine Verlängerung der Zulassung des Unkrautmittels Glyphosat einigen können. Wie es in Ratskreisen in Brüssel hieß, kam die benötigte qualifizierte Mehrheit in dem entsprechenden Expertenausschuss nicht zustande. Nunmehr soll ein Berufungsausschuss mit der Angelegenheit befasst werden.

Eine Mehrheit von 20 Staaten stimmte laut der deutschen Nachrichtenagentur dpa zwar für die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verlängerung der Zulassung um bis zu 18 Monate. In diesem Zeitraum wird eine Stellungnahme der EU-Chemikalienagentur Echa erwartet. Die erzielte Mehrheit genügte aber nach den Abstimmungsregeln nicht.

Malta stimmte als einziges Land dagegen. Neben Deutschland enthielten sich nach übereinstimmenden Angaben von Diplomaten Griechenland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Österreich und Portugal. Ein Sprecher der EU-Kommission kündigte an, dass sich die Kommission am Dienstag in Straßburg mit dem Thema befassen wird.

Gesundheitsbedenken

Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Die Substanz ist der weltweit am meisten eingesetzte Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln. Nachdem bereits zuvor für eine Neuzulassung nicht die nötige Mehrheit zustande gekommen war, hatte die EU-Kommission eine Verlängerung für zwölf bis 18 Monate vorgeschlagen.

Laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) konnte Österreich dem Vorschlag nicht zustimmen, "da rechtliche Details in Bezug auf mögliche Einschränkungen ungeklärt geblieben sind", wie es in einer Stellungnahme hieß. Österreich wünsche eine EU-weit harmonisierte Vorgangsweise mit gleichen Bestimmungen in allen Mitgliedstaaten und einem rechtlichen Spielraum für etwaige Maßnahmen auf nationaler Ebene.

An sich sehen die Risikobewerter der AGES Glyphosat "als sicher für Menschen an" und "somit den Anwender- und Konsumentenschutz in den wesentlichen Punkten gewährleistet". Die Position Österreichs in dieser Fragestellung stütze sich auf die wissenschaftliche Arbeit der AGES und der Wissenschafter der 27 weiteren EU-Mitgliedstaaten. Grundlage sei eine gemeinschaftliche wissenschaftliche Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die von den EU-Mitgliedstaaten geprüft und bestätigt wurde. "Allerdings müssen mögliche Umwelt-Auswirkungen minimiert werden. Die österreichischen Forderungen zum Schutz der Umwelt und Vielfalt wurden von der Kommission nicht ausreichend berücksichtigt", betonte die AGES in ihrer Stellungnahme.

Greenpeace: Zwischensieg

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace wertete die neuerliche Nicht-Entscheidung als "weiteren wichtigen Zwischenerfolg im Kampf gegen das Pestizid und für eine nachhaltige Landwirtschaft". Greenpeace forderte von Landwirtschafts- und Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP), "endlich Verantwortung für den Schutz der öffentlichen Gesundheit zu übernehmen" und "sich mit voller Kraft gegen eine Verlängerung des unbeschränkten Einsatzes von Glyphosat" einzusetzen. Global 2000 sprach sich erneut dafür aus, die EU-Zulassung für Glyphosat mit dem 30. Juni 2016 zu beenden.

Kritik am weiteren Aufschub der Entscheidung kam hingegen von der Industriegruppe Pflanzenschutz (IGP): "Die Entscheidung der EU-Mitgliedsstaaten ist schwer nachvollziehbar. Über 1.000 Studien belegen bei sachgemäßem Einsatz die Unbedenklichkeit von Glyphosat für Mensch, Tier und Umwelt. Zahlreiche Organisationen und wissenschaftliche Institute kommen zum Ergebnis, dass Glyphosat sicher ist", betonte die Interessensvertretung. "Angesichts dieser fundierten Faktenbasis und der umfangreichen wissenschaftlichen Daten verursacht die zaudernde Haltung der Mitgliedsstaaten eine unnötige Verschleppung der Zulassungsverlängerung."