Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sieht trotz Kritik des französischen Premiers Manuel Valls an ihrem Kurs in der Flüchtlingskrise kein Zerwürfnis zwischen beiden Regierungen. Sie habe sich "gefreut", Valls beim deutsch-französischen Ministerrat im lothringischen Metz zu treffen, sagte Merkel. "Und ansonsten stacheln mich harte Worte und Kritik und auch Unterschiede eher an, als dass ich davor verzage", hieß es weiter. Valls hatte sich im November bei der Münchner Sicherheitskonferenz offen gegen Merkel gestellt und ihren Vorschlag eines festen Verteilmechanismus für Flüchtlinge zurückgewiesen. Die Europäische Union müsse die Botschaft aussenden, "dass wir keine Flüchtlinge mehr aufnehmen", sagte der Sozialist damals.

Merkel und Frankreichs Staatschef Francois Hollande sehen in der Flüchtlingskrise noch große Herausforderungen für Europa. Neben der Umsetzung des Flüchtlingsabkommen mit der Türkei gehe es auch um die Kooperation mit Libyen und eine bessere Sicherung der Landgrenzen, sagte die Kanzlerin. Europas Antwort dürfe nicht "nur Abschottung" heißen, betonte Merkel. "Sondern Europas Antwort muss heißen Fluchtursachen bekämpfen, Europas Antwort muss heißen, etwas zu tun für die Friedensprozesse", insbesondere beim Syrien-Konflikt.

Von großer Bedeutung sei dabei die deutsch-französische Kooperation, sagte die Kanzlerin. Bei der "Arbeit in einer stürmischen Zeit" gebe es nicht nur den "Willen" zur Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern, sondern auch "Erfolge". Hollande sagte, Deutschland und Frankreich hätten in der Flüchtlingskrise zusammengearbeitet, zusammen nach Lösungen gesucht und der EU gemeinsame Lösungsvorschläge unterbreitet. Nach Inkrafttreten des EU-Türkei-Abkommens gehe es nun darum, gemeinsam auf die Umsetzung zu achten.

Misstöne abgehakt

Merkel und Hollande machten deutlich, dass sie Misstöne zwischen Paris und Berlin in der Flüchtlingskrise als abgehakt ansehen. Frankreichs Premierminister Manuel Valls hatte sich im vergangenen Jahr offen gegen Merkels Kurs bei der Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen ausgesprochen, was Konfliktlinien zwischen beiden Länder in der Flüchtlingskrise offenlegte.

Die Frage nach einem festen Verteilmechanismus für Flüchtlinge sei derzeit nicht aktuell, machte Merkel deutlich: Bei der bereits vereinbarten Verteilung von 160.000 Flüchtlingen in der EU gebe es noch so viel "Luft", dass noch eine "Menge Zeit" vergehen werde, bis sich die Frage stelle - die Umverteilung läuft nur sehr schleppend an.

Großes Regierungsrunde

Merkel und Hollande waren am Donnerstag begleitet von den meisten ihrer Minister in das ostfranzösische Metz gereist. Beim 18. deutsch-französischen Ministerrat waren neben der Flüchtlingskrise und der Terrorismusbekämpfung aus aktuellem Anlass auch das deutliche Nein der Niederländer beim Referendum über das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine Thema.

Merkel gab sich nach dem Ausgang des Referendums betont gelassen. Wie schon bei anderen schwierigen Themen werde auch in diesem Fall "eine Bewältigung möglich sein, das überlassen wir aber den Niederlanden und den europäischen Institutionen", sagte Merkel. "Die Niederländer werden eine Antwort finden, auf diese sollten wir warten." Hollande verwies darauf, dass das Referendum für die niederländische Regierung nicht bindend sei. "Wir werden weiter die Ukraine unterstützen", sagte der Präsident, das Assoziierungsabkommen werde weiter angewandt.

Traditionelles Treffen

Bei dem Ministerrat im rund 70 Kilometer westlich von Saarbrücken gelegenen Metz spielte auch die Integration von Migranten eine wichtige Rolle: Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault stellten einen gemeinsamen Bericht zu Integration und Chancengleichheit vor.

Vorgeschlagen wird darin unter anderem die Gründung eines deutsch-französischen Integrationsrats. Allgemein soll die Zusammenarbeit von Kommunen und Institutionen beider Länder beim Thema Integration vertieft werden.