Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere hat am Dienstagabend in der ZiB2 des ORF angekündigt, dass Deutschland die vor einem halben Jahr eingeführten Kontrollen an der österreichischen Grenze im Mai wieder aufheben wolle. Mittlerweile hat das deutsche Innenressort zurück gerudert und erklärt, dass die Aufhebung der Grenzkontrollen noch nicht sicher sei, sondern von bestimmten Voraussetzungen abhänge.

Keine Verlängerung der Grenzkontrollen?

"Wenn die Zahlen so niedrig bleiben, würden wir über den 12. Mai hinaus keine Verlängerung der Grenzkontrollen durchführen", sagte de Maiziere mit Blick auf den massiven Rückgang der Flüchtlings-Neuankünfte seit der Schließung der Balkanroute in Deutschland. Im März hatte Deutschland nur noch 20.000 Neuankömmlinge registriert.

Tobias Plate, ein Sprecher des deutschen Innenministeriums, sagte am Mittwoch laut Reuters, dass Bedingung für eine Aufhebung der Grenzkontrollen sei, dass über die Balkanroute kaum noch Flüchtlingen kämen. Des weiteren hänge die Maßnahme von der von der Umsetzung es EU-Türkei-Abkommens ab.

Unklar sei auch noch, ob und wie möglicherweise andere Routen gewählt würden. Der Sprecher nannte die Route von Albanien nach Italien, die Ostbalkanroute über Bulgarien und die zentrale Mittelmeerroute, die meist von Libyen aus genutzt wird. Bis zu dem vom Minister genannten Datum seien es noch sechs Wochen, sagte Plate.

Die Grenzkontrollen waren Mitte September wegen des massiven Flüchtlingsstroms über Österreich nach Deutschland eingeführt worden. Berlin wollte damit den Zustrom von Flüchtlingen bremsen und steuern.

Polizisten werden abgezogen

De Maiziere berichtete, dass Deutschland die Kontrollen schon jetzt "herunter" fahre. "Wir ziehen Polizisten ab." In den kommenden Wochen werde man die Kontrollen "nach und nach zurückführen", so der christdemokratische Politiker, der am heutigen Dienstag in Wien an einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus den deutschsprachigen Ländern teilgenommen hatte.

Die österreichische Regierung geht unterdessen offenbar von einem baldigen Ende der Grenzkontrollen aus. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) übte im Ö1-Mittagsjournal am Mittwoch leise Kritik an der Politik Deutschlands: "Aus der Sicht Deutschlands ist das verständlich, weil Österreich für Deutschland die Arbeit macht und die Grenzen dicht macht. Deutschland ist in einer äußerst komfortablen Situation." Für Österreich sei dies nicht der Fall. Sie betonte weiters, dass sich die Polizei in den nächsten Wochen auf Ausweichrouten vorbereiten werde, insbesondere an der ungarischen Grenze.

Man rüste bei den burgenländischen Grenzübergängen Heiligenkreuz und Nickelsdorf auf, "damit wir dichtmachen können, wenn es nötig ist". Die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen dafür erwartet Mikl-Leitner für "Mitte Mai - Anfang Juni".

Zerwürfnis zwischen Wien und Berlin beendet

Der Zerwürfnis zwischen Wien und Berlin in der Flüchtlingspolitik sieht de Maiziere mit dem EU-Türkei-Deal als beendet an. Deutschland habe nämlich immer kritisiert, dass Österreich "einseitige Lösungen zulasten anderer Staaten" gefunden habe, sagte der CDU-Politiker mit Blick auf die umstrittene Schließung der Balkanroute im Februar. Durch den EU-Türkei-Deal sei nun möglich, "humanitäre Kontingente" an Flüchtlingen in den EU-Staaten aufzunehmen. "Ende gut, alles gut", betonte de Maiziere, der auch klarstellte, "dass die Balkanroute erledigt ist, erledigt bleiben soll".

"Ich würde mir wünschen, dass jetzt alle nach vorne gucken", sagte de Maiziere. Es gehe darum, das Abkommen mit der Türkei umzusetzen und die Entstehung von "Ausweichrouten" über Italien oder Bulgarien zu verhindern. Zugleich bekräftigte der deutsche Innenminister das Nein zu Flüchtlings-Obergrenzen. Dies sei "rechtlich und politisch" nicht "ein richtiger Weg".