"Ich nehme zur Kenntnis, dass das Quantum für Staaten, die einen solchen Ansturm haben, ein Problem ist", erklärte Fischer angesichts der diesbezüglichen Situation in Deutschland oder Österreich. Mit diesem Problem müssen man sich auseinandersetzen, jedoch müsse dabei sowohl das Verfassungs- als auch das Völkerrecht Berücksichtigung finden. Eine "ziffernmäßige Grenze ist auch aus Sicht der Bundesregierung ein Problem", erklärte der Bundespräsident, darum verwende ein Teil der Regierungsmitglieder mit "Richtwert" auch jenen Ausdruck, der in der Vereinbarung festgelegt worden sei.

Die Schweiz pocht laut Schneider-Amann trotz der derzeitigen Flüchtlingsproblematik auf einer Einhaltung der Schengen-Regelung. Die Regierung bereite sich auch nicht spezifisch auf den Fall vor, dass Österreich nach Erreichen der für 2016 festgelegten Zahl von 37.500 Flüchtlingen massiv zurückweisen könnte. Laut Medienberichten wurden in der Schweiz im Jahr 2015 rund 35.000 Asylgesuche eingereicht.

Die Schweizer Regierung (Bundesrat) sei jedoch prinzipiell eher mit einer Zuwanderungsfrage konfrontiert, die auf den "stabilen und innovativen Wirtschaftsstandort Schweiz" zurückzuführen sei. "Wir haben jetzt schon einen Ausländeranteil von 25 Prozent", betonte der Politiker der bürgerlich-liberalen FDP (Freisinnige), der dem Ministerium für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) vorsteht. Die Nettozuwanderung pro Jahr betrage rund 80.000 Personen. "Das entspricht einer Stadt wie St. Gallen und macht den Menschen Angst."

Daher habe die Schweizer Bevölkerung auch vor knapp zwei Jahren in einem Referendum für die von der nationalkonservativen Volkspartei (SVP) initiierten Masseneinwanderungsinitiative gestimmt. Sie fordert die Wiedereinführung von Ausländerkontingenten und eine Neuverhandlung der Personenfreizügigkeit.

Ihre wortgetreue Umsetzung würde das Aus für einen gewichtigen Teil der bilateralen Abkommen mit der EU bedeuten. Schneider-Amann räumte ein, dass die vom Schweizer Volk angestrebte "innenpolitische Lösung" schwer mit der "außenpolitischen Situation" koordinierbar sei. "Wir müssen in Brüssel zeigen, wie wir unsere Lösung finden wollen." Fischer meinte dazu, Österreich werde die entsprechenden Verhandlungen "konstruktiv und in Richtung Kompromiss" unterstützen. Derzeit gebe es auch keine Positionierung für den Fall, dass bis Ende des Jahres keine Lösung gefunden werde.

Am Nachmittag war für den Schweizer Bundespräsidenten und Wirtschaftsminister auch ein Treffen mit seinem Ressortkollegen Reinhold Mitterlehner (ÖVP) vorgesehen. In der Schweiz wird das Amt des Bundespräsidenten turnusmäßig von einem Mitglied des siebenköpfiges Bundesrates (Regierung) für jeweils ein Jahr ausgeübt.