US-Präsident Barack Obama hat die Umsetzung des Atomabkommens durch den Iran und den gegenseitigen Austausch von Gefangenen am Sonntag als "historische Fortschritte" gewürdigt. "Atomabkommen in Kraft getreten; US-Familien wiedervereint: Wir haben historische Fortschritte erreicht", sagte er in einer Fernsehansprache aus dem Weißen Haus.

Zugleich warf Obama dem Iran "destabilisierende Aktivitäten" vor, weswegen auch nach Umsetzung des Atomabkommens "tiefe Gegensätze" zwischen Washington und Teheran bestehen blieben. Die in Wien ansässige Internationale Atomenergiebehörde (IAEA/IAEO) hatte dem Iran am Samstag die Erfüllung aller Verpflichtungen aus dem Atomabkommen vom Juli bescheinigt. Die EU und die USA hoben daraufhin fast alle gegen das Land verhängten Sanktionen auf.

Irans Präsident Hassan Rohani sieht dadurch "ein neues Kapitel in den Beziehungen des Irans zur Welt aufgeschlagen" und hofft auf eine Rückkehr des Wirtschaftswachstums für sein Land. Obama wandte sich in seiner Fernsehansprache direkt an die iranische Bevölkerung und rief sie auf, "neue Verbindungen mit der Welt zu knüpfen".

Rohani erklärte, dass Teheran eine Versöhnung mit dem regionalen Erzfeind Saudi-Arabien anstrebe. "Natürlich gibt es immer wieder Differenzen, aber wir wollen, dass sie beseitigt werden." Der Iran wäre zum Wohle der Region bereit, den Dialog mit den Saudis wieder aufzunehmen, fügte der Kleriker hinzu. Gerade das am Vortag besiegelte Atomabkommen mit den Weltmächten zeigt laut Rohani, dass diplomatische Verhandlungen die beste Methode sind, auch die kompliziertesten Differenzen auszuräumen.

Parallel zur Abkommensumsetzung hatten sich Washington und Teheran auf einen Gefangenenaustausch geeinigt. Der Iran entließ vier US-Bürger aus der Haft, darunter den "Washington Post"-Korrespondenten Jason Rezaian. Drei Freigelassene wurden in die Schweiz geflogen, einer halte sich weiter im Iran auf, hieß es unter Berufung auf einen US-Regierungsbeamten. Demnach verließen "die, die es wünschten", den Iran. Washington begnadigte seinerseits sieben Iraner.

US-Außenminister John Kerry teilte unterdessen mit, es würden nicht nur Milliarden US-Dollar auf eingefrorenen iranischen Auslandskonten freigegeben. Es würden auch 400 Millionen Dollar (366 Millionen Euro) an Schulden aus der Zeit der iranischen Revolution beglichen sowie 1,3 Milliarden Dollar an Zinsen an Teheran überwiesen.

Nach der Aufhebung zahlreicher internationaler Sanktionen im Zuge des Atomabkommens mit dem Iran verfügten die USA jedoch bereits neue Strafmaßnahmen - in diesem Fall wegen des ballistischen Raketenprogramms Teherans. Die Sanktionen richteten sich gegen elf Unternehmen und Einzelpersonen, die das Programm unterstützt hätten, teilte das Finanzministeriums in Washington am Sonntag mit.

Der Iran hatte im Oktober Raketentests durchgeführt und damit gegen eine UNO-Resolution zur Begrenzung der Entwicklung nuklearfähiger Raketen verstoßen. Im Westen waren solche Tests immer wieder kritisiert worden. Besonders Israel fühlt sich bedroht.

Spekulationen gehen dahin, dass die USA die neuen Strafmaßnahmen bis Sonntag verzögerten, um laufende Verhandlungen über die - schließlich am Samstag erfolgte - Freilassung von US-Gefangenen im Iran nicht zu gefährden.

Die Sanktionen bedeuten, dass die betreffenden Personen und Firmen keinen Zugang mehr zum US-Finanzsystem haben und etwaige Vermögen in den USA eingefroren werden.