Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel sieht sein Land in der Flüchtlingskrise am Rande der Kapazitäten. "Wir nähern uns in Deutschland mit rasanter Geschwindigkeit den Grenzen unserer Möglichkeiten", sagte Gabriel zu "Spiegel Online". "Wir schaffen in diesem Jahr die Aufnahme der enormen Zahl der Flüchtlinge nur mit großer Mühe."

Viele Orte in Deutschland seien bereits überfordert. "Natürlich kennt das Asylrecht keine Obergrenze, aber bei der Belastbarkeit der Städte und Gemeinden gibt es faktische Grenzen", ergänzte der Vorsitzende der deutschen Sozialdemokraten.

Offene Debatte gefordert

Er plädierte zugleich für eine offene Debatte über die Probleme und Ängste in der Bevölkerung. "Es darf kein Klima geben, in dem jeder, der sich Sorgen macht, gleich als ausländerfeindlich oder rechtsradikal gilt", mahnte Gabriel. Von den Flüchtlingen forderte er die Verinnerlichung bestimmter Prinzipien. "Wir müssen klar machen, dass es bei uns Dinge gibt, die nicht zur Disposition stehen: das Grundgesetz, die Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, die Gleichberechtigung."

Ähnlich hatte sich zuvor bereits der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere gegenüber dem Sender "ZDF" geäußert: "Bis zum Sommer waren die Flüchtlinge dankbar, bei uns zu sein.". Jetzt gebe es viele von ihnen, die glaubten, "sie können sich selbst irgendwohin zuweisen", sagte er am Donnerstagabend. "Sie gehen aus Einrichtungen raus, sie bestellen sich ein Taxi. Sie haben erstaunlicherweise das Geld, um Hunderte Kilometer durch Deutschland zu fahren. Sie streiken, weil ihnen die Unterkunft nicht gefällt, sie machen Ärger, weil ihnen das Essen nicht gefällt. Sie prügeln in Asylbewerbereinrichtungen."

Noch handle es sich um eine Minderheit, fügte de Maiziere hinzu. Doch müsse gelten: Wer nach Deutschland komme, müsse sich dahin verteilen lassen, wo er hingebracht werde, und die Rechtsordnung anerkennen, sagte der konservative Politiker.