Eine Begegnung auf höchster Ebene soll Bewegung in den festgefahrenen Syrien-Konflikt bringen: Am Montag trifft US-Präsident Barack Obama den russischen Präsidenten Wladimir Putin am Rande der UNO-Generaldebatte in New York. Zudem wolle US-Außenminister John Kerry kommende Woche bei mehreren Treffen Möglichkeiten einer politischen Lösung ausloten, verlautete am Samstag aus US-Regierungskreisen.

Kerry wolle verschiedene Ideen für einen neuen Anlauf testen, nachdem der vor drei Jahren in Gang gebrachte UNO-Friedensprozess erfolglos geblieben ist. "Daher wird es von Minister Kerry Bestrebungen geben, ein Rezept zu finden, das eine Rückkehr zu wirklichen, substanziellen Verhandlungen bringt", sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter. Dazu könnten Russland, die Türkei, Saudi-Arabien und Katar zusammengebracht werden. Ein erstes Gespräch wollte Kerry am Samstag mit seinem iranischen Kollegen Mohammad Javad Zarif in New York führen. Iran und Russland unterstützen den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad.

Russland liefert Waffen

Russland liefert derzeit offenbar ohne Unterlass militärische Ausrüstung nach Syrien. Nach Angaben aus syrischen Militärkreisen vom Samstag landeten in den vergangenen zwei Wochen mindestens 15 russische Transportmaschinen mit Ausrüstung und Personal auf einem Stützpunkt der westsyrischen Provinz Latakia.

Mit Sorge beobachtet Washington, dass Russland seit Wochen seine Militärpräsenz in Syrien verstärkt. Nach US-Angaben schickte Moskau nach Panzern, Artillerie und Soldaten inzwischen auch Kampf- und Aufklärungsflugzeuge nach Syrien. Ein Teil davon überlässt Moskau demnach der syrischen Armee.

Die USA erklärten, sie würden jede russische Initiative im Kampf gegen die Jihadistenorganisation "Islamischer Staat" (IS) begrüßen. Gleichzeitig aber befürchtet Washington, dass Moskau vor allem Assads Position stärken will - und dabei auch die von den USA unterstützen kurdischen und syrischen Kämpfer sowie die moderaten Rebellen angreift. Putin bestätigte inzwischen in einem Gespräch mit dem US-Sender CBS, dass er mit der verstärkten Militärpräsenz Assad retten wolle. Er strebt demnach eine Koalition gegen die IS-Extremisten unter Beteiligung von Assads Truppen an.

Streitpunkt Assad

Vor allem die USA, zahlreiche EU-Mitgliedsstaaten und weitere Länder forderten bisher vehement Assads Ablösung an der Staatsspitze, während Russland und der Iran ihn halten wollen. Nach und nach ändern aber viele Länder ihre Haltung diesbezüglich: Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sprachen sich inzwischen für die Einbeziehung Assads in Friedensverhandlungen aus. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel plädierte diese Woche erstmals für direkte Gespräche mit Assad. Australiens neue Regierung will ihn ebenfalls, anders als ihre Vorgängerin, bei der Suche nach einer Friedenslösung im Syrien-Konflikt einbinden. Auch der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan als einer der schärfsten Gegner Assads schloss nicht mehr aus, dass der syrische Staatschef eine Rolle während eines politischen Übergangs spielen könnte. Zwar pochen die USA weiter auf dessen Ablösung, zeigten sich zuletzt aber flexibel in ihren Vorstellungen, wann dies der Fall sein soll.

Um Strategien zur Überwindung des Syrien-Konfliktes wird es nach russischen Angaben bei dem Treffen zwischen Putin und Obama am Rande der UNO-Generaldebatte in New York gehen. Erstmals seit zehn Jahren wird Putin zudem eine Rede vor dem Plenum halten, bei dem er seine Pläne für Syrien vorstellen will.

Rückschläge für US-Armee

Dass die USA Unterstützung im Kampf gegen die IS-Jihadisten gut gebrauchen könnten, zeigen auch jüngste Rückschläge bei ihrer Strategie, syrische Kämpfer in der Türkei auszubilden und auszurüsten und in den Kampf gegen die Extremisten zu schicken. Eine erste Gruppe von 54 Kämpfern war im Juli kurz nach ihrem Eintreffen in Syrien von Jihadisten der Al-Nusra-Front angegriffen und getötet oder entführt worden. Nun musste das Pentagon einräumen, dass eine zweite Gruppe mit etwa 70 Kämpfer nach ihrem Eintreffen am vergangenen Wochenende einen Teil ihrer Ausrüstung an den Al-Kaida-Ableger aushändigte, um zu erreichen, dass sie ungehindert in ihr Einsatzgebiet gelangen.

Der Syrien-Konflikt nahm seinen Anfang vor mehr als viereinhalb Jahren und entwickelte sich zu einem blutigen Bürgerkrieg. Er ist eine der Hauptursachen für die europäische Flüchtlingskrise. Millionen Syrer sind deshalb in den vergangenen Jahren in Nachbarländer geflohen und machten sich angesichts der anhaltenden Gewalt in ihrer Heimat und der schlechten Versorgungslage in den überfüllten Flüchtlingslagern Richtung Europa auf.