Hohe Erwartungen haben die kirchlichen Hilfswerke zur Rede von Papst Franziskus, der am Freitag in New York vor der UNO-Vollversammlung sprechen wird: "Er wird der Politik ordentlich ins Gewissen reden und mehr fordern als üblich", erklärte Heinz Hödl, aus Österreich stammender Präsident des Weltdachverbandes katholischer Hilfswerke CIDSE, im Interview mit der katholischen Agentur "Kathpress".

"Wenn er mit zentralen Punkten aus seiner Enzyklika 'Laudato si' für die nötige Veränderung wirbt und gleichzeitig eindringlich und einfühlsam die Herzen anspricht, dann ist schon viel erreicht", so Hödl.

"Aufrütteln"

Schon im Vorfeld habe der Papst die am 18. Juni erfolgte Veröffentlichung seiner Sozial- und Umweltenzyklika auf "geniale" Weise terminisiert, verwies Hödl auf die bereits im Sommer abgehaltene UN-Versammlung zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba, den nunmehrigen New Yorker Gipfel zur Beschlussfassung der Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) sowie die Ende November anstehende Pariser Klimakonferenz. Ein "Aufrütteln" sei vom Papst deshalb zu erwarten, da bei den jüngsten Welttreffen wie etwa der Klimakonferenz von Lima viel zu wenig erreicht worden sei. "Die Staaten waren nicht ehrlich genug und gingen bloß einen Weg, der keinem weh tut."

Um die aktuellen Klima-, Umwelt- und Flüchtlingskrisen zu lösen, sei jedoch ein anderes Herangehen nötig, betonte der CIDSE-Präsident. Der Papst habe es mit "Laudato si" geschafft, die komplexen Ursachen und Zusammenhänge gemeinsam zu sehen und die Notwendigkeit neuer gemeinsamer globaler Ziele darzulegen. Er gehe dabei aber weit über die neuen UN-Entwicklungsziele hinaus und ergänze diese: "Franziskus fordert radikale Umkehr, einen genügsameren Lebensstil und dass wir gemeinsam in ganzheitlichem Sinn besser leben. Technisches Wissen, Bewusstsein und Wille dazu gibt es schon, entscheidend ist jedoch noch der Schritt zum tatsächlichen Handeln."

"Was erfüllt eine Leben?"

Eine andere Lebensweise brauche auch andere Inhalte, wobei die Kirche hier mit ihrer Spiritualität durchaus gefordert sei, betonte Hödl, der auch Direktor der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für Entwicklung und Mission (KOO) ist. "Es kann nicht länger nur darum gehen: Wie kann ich reicher werden, schöner wohnen, ein besseres Auto fahren? - sondern: Was erfüllt mein Leben, gibt ihm Sinn? Das ist die religiöse Frage, und die Christen haben hier viel anzubieten."

Drei Monate nach der Veröffentlichung von "Laudato si" würden die Papstworte heute außerhalb der Kirche breit rezipiert und auch angenommen, "innerhalb der Kirche aber noch zu wenig", so der kirchliche Entwicklungsexperte. Um zur Umwandlung der Gesellschaft über Nachhaltigkeit, Entwicklung und Sozialarbeit beizutragen, müssten Schlüsse gezogen und die Umsetzung überlegt werden, forderte Hödl. "Laudato si wird uns noch Jahre und Jahrzehnte beschäftigen." Bereits jetzt sei die Enzyklika allerdings enorme "Rückendeckung" für die in der Entwicklungszusammenarbeit tätigen kirchlichen Hilfswerke: "Sie beseelt und beflügelt uns und zeigt uns, dass wir am richtigen Weg sind. Der Papst formuliert dies klar und lebt es auch vor."