Der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu hält für den "Kampf gegen den Terrorismus" und zur Bewältigung der "wirtschaftlichen Herausforderungen" eine Einparteienregierung für notwendig. Dies sagte er am Samstag auf dem Parteitag seiner islamisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) mit Blick auf die vorgezogene Parlamentswahl am 1. November.

Eine "stabile Regierung" seiner Partei könne für eine "dauerhafte Entwicklung" sorgen und die "Rechte und Freiheiten aller Bürger" verteidigen, versprach der Ministerpräsident. In türkischen Medien war unterdessen die Rede von Grabenkämpfen hinter den Kulissen zwischen Davutoglus Anhängern und denen seines Parteifreunds, Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Der Parteitag bestätigte Davutoglu einhellig als AKP-Chef. Er war der einzige Kandidat und erhielt 1.353 Stimmen.

Die AKP wählte am Samstag auch ihren Vorstand, zu dem türkischen Medienberichten zufolge viele Gefolgsleute Erdogans gehören, einschließlich seines Schwiegersohns Berat Albayrak.

Fernziel Verfassungsänderung 

Die Neuwahl des Parlaments am 1. November war notwendig geworden, weil Davutoglu nach den Stimmenverlusten der AKP bei der regulären Parlamentswahl am 7. Juni mit der Bildung einer Regierungskoalition scheiterte. Viele Beobachter vermuten, dass Erdogan die Koalitionssuche bewusst hintertrieb. Der Präsident ist demnach überzeugt, dass die AKP die im Juni verlorene Parlamentsmehrheit im November zurückerobern kann.

Das Fernziel des Staatschefs bleibt eine Verfassungsänderung zur Einführung eines Präsidialsystems. Von einer verfassungsändernden Mehrheit im Parlament ist die AKP laut Umfragen allerdings weit entfernt. Einigen Umfragen zufolge steht die Partei vor weiteren Stimmenverlusten.

Bei der Juniwahl hatte die AKP nicht nur die von ihr angestrebte Zweidrittelmehrheit, sondern auch die absolute Mehrheit verfehlt. Dies lag daran, dass die linksliberale, prokurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) die Zehnprozenthürde übersprang und seitdem mit 80 Abgeordneten im Parlament vertreten ist.

Erdogan und seine AKP bezeichnen die HDP seit Wochen als verlängerten Arm der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die seit Juli wieder türkische Sicherheitskräfte angreift. Die Armee reagierte mit Bombardierungen von PKK-Stellungen im Nordirak und schickte Spezialkräfte zur Jagd auf PKK-Kämpfer über die Grenze. Zugleich gab es gewalttätige Angriffe türkischer Ultranationalisten gegen die HDP.

Am Samstag hoben die türkischen Behörden nach mehr als einer Woche die Ausgangssperre in der Stadt Cizre im Kurdengebiet im Südosten der Türkei wieder auf. Die Beschränkungen endeten in der Früh, der Verkehr in die Stadt und aus ihr heraus ist wieder möglich. Allerdings gibt es weiterhin Kontrollposten an den Zufahrtsstraßen nach Cizre. Ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP sah in der Stadt mehrere durch Kampfhandlungen zerstörte oder beschädigte Gebäude.

Heftige Gefechte

In der 120.000-Einwohner-Stadt, einer PKK-Hochburg, hatten sich türkische Soldaten und Polizisten mit kurdischen Rebellen in den vergangenen Tagen heftige Gefechte geliefert. Nach HDP-Angaben wurden dabei mindestens 21 Zivilisten getötet, darunter auch Kinder. Die türkische Regierung erklärte hingegen, mehr als 30 PKK-Kämpfer und ein Zivilist seien getötet worden.

In einer Rede versprach Davutoglu, die Partei im November zum Sieg zu führen. Er warf der PKK sowie der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) und linksradikalen Gruppen vor, die AKP als islamisch orientierte Partei unterminieren zu wollen. "Ausländische Mächte" kollaborieren laut Davutoglu mit diesen Gruppen, um Chaos in der Türkei zu schaffen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.