Nach einem wohl historischen Wochenende mit der Ankunft von etwa 16.000 Flüchtlingen in Österreich hat sich die Lage am Montag etwas entspannt. In Ungarn trafen dennoch weiterhin neue Flüchtlinge aus Serbien ein - auch sie werden vermutlich versuchen, weiter Richtung Westen zu gelangen.

So auch Asylwerber, die in dem ungarischen Auffanglager Röszke untergebracht wurden. Hunderte von Migranten flohen am Montagabend von dort - über die genaue Anzahl gab es zunächst unterschiedliche Angaben. Die ungarische Nachrichtenagentur MTI berichtete von Hunderten Geflohenen, Medien von Tausenden. Sie durchbrachen Polizeiabsperrungen, um auf der Autobahn M5 Richtung Budapest zu marschieren. Darunter seien viele Familien mit Kindern. Einige Flüchtlinge lieferten sich Rangeleien mit den Polizisten, laut Nachrichtenagentur Reuters setzte die Exekutive auch Pfefferspray ein.

Röszke liegt an der Grenze zwischen Ungarn und Serbien. Dort hat die ungarische Polizei ein Aufnahmelager eingerichtet, das mit einem vier Meter hohen Zaun und Stacheldraht gesichert ist. In dem Lager hatten bereits vor einigen Tagen Flüchtlinge eine Absperrung durchbrochen und sich mit der Polizei geprügelt.

Zaun wurde Verteidigungsminister zum Verhängnis

Dieser Grenzzaun könnte auch dem ungarischen Verteidigungsminister Csaba Hende zum Verhängnis geworden sein, berichtete das Portal "nyugat.hu" in Reaktion auf dessen Rücktritt. Hende war am Montagabend überraschend nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates zur Flüchtlingskrise zurückgetreten. Er war maßgeblich an der Errichtung des Zaunes, bei der auch das Militär mithalf, beteiligt. Ursprünglich sollte er bis zum 31. August fertiggestellt werden - dieses Datum konnte jedoch nicht eingehalten werden, sodass zunächst ein kleiner Drahtzaun von 1,50 Metern gebaut wurde, und nun erst der ursprünglich geplante 4,50 Meter hohe Zaun entsteht.

Hende hatte jüngst hinsichtlich des Einsatzes des Heeres an der Südgrenze weiter erklärt: Es werden keine Waffen gegen unbewaffnete Menschen eingesetzt. Der Minister sei freiwillig zurückgetreten, wobei der Premier diesem Rücktritt umgehend zustimmte. Nachfolger wird Istvan Simicsko, Staatssekretär im Ministerium für Humanressourcen.

In Ungarn sind seit Jahresbeginn rund 167.000 Flüchtlinge, vor allem aus dem Nahen Osten, angekommen. Die meisten versuchen umgehend, Richtung Österreich und Deutschland weiterzukommen. Von den 16.000 in Österreich aus Ungarn angekommenen Flüchtlingen stellten nur 100 einen Asylantrag. Der Großteil reiste umgehend nach Deutschland weiter. Am Montag überquerten nur noch 217 Flüchtlinge die österreichisch-ungarische Grenze, wie die Landespolizeidirektion Burgenland auf APA-Anfrage mitteilte.

Um die Flüchtlings-Aufnahmekapazitäten sowie die administrative Kapazität zur Bearbeitung von Asylanträgen zu verbessern, hilft die EU Österreich mit 5,4 Millionen Euro, wie der EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Montag anlässlich eines Besuches im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen bekanntgab. Über dessen Zustände äußerte er sich überraschend positiv, wenngleich "gewisse Dinge in den kommenden Tagen noch verbessert" werden könnten.

In München kamen nach Angaben deutscher Medien rund 20.000 Migranten an, am Montag rechnete die Regierung mit bis zu 3.600. Die Stadt stößt deshalb an ihre Kapazitätsgrenzen bei der Aufnahme. "Wir sind hier sehr am Anschlag", sagte der Regierungspräsident von Oberbayern, Christoph Hillenbrand. An die behördliche Registrierung der Migranten ist derzeit nicht zu denken. Leipzig soll daher ein weiteres Drehkreuz für die erste Versorgung ankommender Flüchtlinge in Deutschland werden.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel stimmte die Bevölkerung auf einen weiteren Kraftakt ein. "Wir werden noch lange Zeit freiwilliges Engagement brauchen", sagte Merkel. Merkel war am Wochenende in Bedrängnis geraten, nachdem sie in Absprache mit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) beschloss, aus Ungarn kommenden Flüchtlingen ungehindert die Weiterreise nach Österreich und Deutschland zu erlauben. Am Sonntag kündigte Faymann dann aber ein schrittweises Ende der Notmaßnahmen an.

Während eine Einigung über eine faire Verteilungsquote innerhalb der EU noch in weiter Ferne scheint - die Regierungschefs von Tschechien und der Slowakei hatten am Montag nach einem Treffen mit Faymann erneut betont, eine verpflichtende Regelung abzulehnen - kündigten Dänemark und Großbritannien an, mehr Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Allerdings nannte der dänische Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen keine konkreten Zahlen. Und in libanesischen Medien schaltete seine Regierung indes Anzeigen, die Migranten davon abhalten sollten, nach Dänemark zu kommen. Unter anderem wird dabei auf das verschärfte Asylrecht aufmerksam gemacht.

Diese verschärften Bestimmungen veranlassten auch eine Gruppe von Flüchtlingen auf der süddänischen Insel Lolland, das Land zu Fuß in Richtung Schweden zu verlassen. Sie marschierten auf einer Autobahn, berichteten lokale Medien.

Großbritanniens Premier David Cameron kündigte die Aufnahme von 20.000 syrischen Flüchtlingen in den kommenden fünf Jahren an. Die Flüchtlinge - vor allem Kinder und Waisen - sollten aus Camps in der Nähe der Grenze zu Syrien kommen, sagte Cameron vor dem Unterhaus in London.