Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu will bis zu den Neuwahlen in gut zwei Monaten eine breit angelegte Übergangsregierung bilden. Davutoglu appellierte am Dienstag an die großen Oppositionsparteien im Parlament, ihre Absage an eine Beteiligung an der Regierung zu überdenken.

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Davutoglu zuvor mit der Bildung der Übergangsregierung beauftragt. Der Regierungschef hat dafür fünf Tage Zeit. Das türkische Wahlamt legte den 1. November als Neuwahltermin fest.

Zur Neuwahl kommt es, weil es Davutoglu und seiner Regierungspartei AKP nicht gelungen war, nach der regulären Parlamentswahl im Juni eine Koalition zu schmieden. Damals hatte die AKP nach zwölf Jahren erstmals ihre Regierungsmehrheit eingebüßt, war aber stärkste Partei geblieben.

Absichtlich herbeigeführt

Die Opposition und viele Beobachter werfen Präsident Erdogan vor, die Neuwahl absichtlich herbeigeführt zu haben, um die Chance zu nutzen, für die AKP die Regierungsmehrheit zurückzuerobern. Eine Koalitionsregierung würde seinem Plan zuwiderlaufen, mit einer Verfassungsänderung das Amt des Staatsoberhauptes mit deutlich mehr Kompetenzen auszustatten.

Davutoglus Übergangsregierung sollen laut Verfassung Politiker aller im Parlament vertretenen Parteien angehören. Da die säkularistische CHP und die rechtsgerichtete MHP, die beiden größten Oppositionsfraktionen im Parlament, aber bereits ihren Verzicht auf eine Beteiligung erklärt haben, bleiben nur noch Erdogans islamisch-konservative Regierungspartei AKP sowie die Kurdenpartei HDP.

Es wäre das erste Mal, dass eine Kurdenpartei in einer türkischen Regierung sitzt. HDP-Chef Selahattin Demirtas forderte, die Hälfte der Kabinettsposten solle mit Frauen besetzt werden. Die HDP bekräftigte am Dienstag, sie werde Minister in die Übergangsregierung entsenden. In der Presse wird bereits über die HDP-Kandidaten für die drei der Partei zustehenden Ministerposten spekuliert.

Davutoglu will trotz der Absagen von CHP und MHP auch einzelne Politiker dieser Parteien bitten, der Regierung beizutreten. Laut der Sitzverteilung im Parlament stehen der AKP zwölf, der CHP sieben sowie der MHP und der HDP jeweils drei Ministerposten zu. Der Ministerpräsident unterstrich, er sei nach wie vor zu Gesprächen mit den anderen Parteien bereit.