Männer, Frauen und Kinder liefen am Abend ungehindert über die Grenze bei der Stadt Gevgelija, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Mazedonische Polizisten schritten nicht ein.

An den mit Stacheldraht gesicherten Grenzabsperrungen hatten sich zuvor dramatische Szenen abgespielt. Trotz der verschärften Sicherheitsvorkehrungen an der bis dahin abgeriegelten Grenze hatten hunderte Flüchtlinge am Nachmittag die Grenze durchbrochen und waren auf mazedonisches Staatsgebiet gestürmt.

Die Polizei setzte wie bereits am Freitag Blendgranaten und Schlagstöcke ein, um die Menschen zurückzudrängen. Die meisten Flüchtlinge stammen aus Syrien, viele von ihnen hatten die letzte Nacht bei Regen unter freiem Himmel verbracht.

Mazedonien hatte am Donnerstag den Ausnahmezustand ausgerufen und die Grenze zu Griechenland praktisch abgeriegelt, nachdem dort in den vergangenen Wochen täglich mehr als 1.000 Flüchtlinge ins Land gekommen waren. Auch am Freitag setzte die Polizei Blendgranaten und Schlagstöcke gegen Flüchtlinge ein, mindestens acht Menschen wurden verletzt.

Danach wurde die Grenze für mehrere hundert "verletzliche" Flüchtlinge wie Familien mit Kindern oder schwangere Frauen geöffnet, die mit einem Zug Richtung Norden gebracht wurden. Am Samstagmorgen ließ die Polizei erneut Gruppen von mehreren Dutzend Menschen über die Grenze.

Grenzsperre fallengelassen

Nun hat sie die Grenzsperre fallengelassen und ermöglicht damit den Flüchtlinge die Weiterreise in ein nördliches EU-Land. Ziel der meisten Migranten sind Länder wie Deutschland oder Schweden. Dazu reisen sie bevorzugt von Griechenland über Mazedonien nach Serbien.

Ungarn hat jüngst mit dem Bau eines Grenzzauns aus Stacheldraht begonnen, um den Ansturm der Flüchtlinge aus Serbien zu unterbinden. Und auch das östlich an Mazedonien grenzende EU-Land Bulgarien verschärfte nun die Bewachung seiner Grenzen.

Nach Angaben der Regierung in Skopje haben seit Mitte Juni 42.000 Flüchtlinge die mazedonische Grenze überquert, darunter mehr als 7.000 Kinder. In Griechenland trafen seit Jahresbeginn mehr als 160.000 Flüchtlinge ein.

Auch im Mittelmeer zwischen Syrien und Italien hält der Ansturm von Flüchtlingen an. Dabei gerieten mindestens 4.000 Bootsflüchtlinge nach Angaben der italienischen Küstenwache am Samstag vor der Küste Libyens in Seenot.

Von 22 Booten seien Notrufe eingegangen, sagte Kapitän Marco Di Milla von der italienischen Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur. Schiffe der Küstenwache, der Marine und der EU-Grenzschutzmission "Triton" beteiligten sich am Rettungseinsatz. Nur weil die See ruhig war, kam es nicht zur Katastrophe.

250.000 kamen übers Mittelmeer

Fast eine Viertelmillion Menschen sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) seit Jahresbeginn über das Mittelmeer nach Europa geflohen. Im Sommer gingen fast jeden Tag rund 1.000 Migranten an den Küsten Italiens und Griechenlands an Land. Etwa 2.300 Flüchtlinge kamen seit Jahresbeginn im Mittelmeer ums Leben.

Auf der Ostägäisinsel Lesbos sammelten sich laut Behörden mehr als 9.000 Migranten. Zur Entlastung der Lage lief am Samstag die Fähre "Eleftherios Venizelos" zur Insel Kos aus. Sie sollte von dort und von den nahe gelegenen Inseln rund 2.500 Migranten in Athens Hafen Piräus bringen.