Mit dem Durchgriffsrecht soll der Bund in den Gemeinden selbst Unterkünfte errichten können - auch gegen den Willen von Ländern und Gemeinden. Zudem ist eine Quote für Gemeinden in Relation zur Wohnbevölkerung vorgesehen.

Der Inhalt der künftigen Regelung soll noch heute in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Wie die Regelung im Detail aussieht, ist bisher nicht bekannt. Die Regierung braucht zum Beschluss des Gesetzes eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, was nun durch die Grünen gewährleistet ist.

"Offener Brief" zur Quartiersuche

Um Verständnis und Mithilfe "aller Österreicherinnen und Österreicher" bei der Flüchtlingsunterbringung werben die Mitarbeiter des Innenministeriums in einem per Aussendung veröffentlichten "Offenen Brief". Bei der Quartiersuche stoße "die Lösungskompetenz unseres Föderalstaates an seine Grenzen", verweisen sie auf teilweisen "Widerstand auf unterschiedlichen Ebenen".

Seit Ende der Vorwoche wird der Streit zwischen Ministerium und den Gebietskörperschaften recht offen ausgetragen: Die Aussage des für Asyl zuständigen Ministeriumsbeamten Peter Webinger, einzelne Gemeindeverantwortliche würden die Schaffung neuer Quartiere sabotieren, wurde seitens der Landeshauptleute und vom Gemeindebund-Präsidenten Helmut Mödlhammer empört zurückgewiesen.

In ihrem Offenen Brief weisen die Mitarbeiter Kritik am "Bund" zurück - und schildern die Situation: Geschätzte 80.000 Asylanträge heuer, 1.600 Menschen suchen pro Woche Schutz in Österreich. Zuständig für ihre Unterbringung sei der Bund eigentlich nur in den ersten Tagen, danach die Bundesländer. Aber die Übernahme durch die Länder funktioniere "trotz enormer Anstrengungen der Länder und Gemeinden" noch nicht ausreichend, sie würden nur 600 Menschen wöchentlich übernehmen. Die übrigen 1.000 müssten vom Innenministerium selbst betreut werden - das für ihre mangelnde Unterbringung verantwortlich gemacht werde, obwohl Ministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) "bereits vor über einem Jahr vor einem drohenden Unterbringungsengpass gewarnt hat". Also versuche man im Ministerium "trotz anderslautender Rechtslage", Quartiere für diese Menschen zu organisieren - "Unter Einsatz all unserer Kräfte", aber man stoße "immer mehr" an die Grenzen.

Die BMI-Mitarbeiter wenden sich dagegen, "gegeneinander zu arbeiten und sich auf den politischen Streit zu fokussieren", es gelte "weiter gemeinsam an Lösungen zu arbeiten". Sie appellieren "eindringlich an die konstruktiven Kräfte in unserem Land, ein Klima zu schaffen, in dem ein seriöser und sachlicher Dialog möglich ist und bitten alle Österreicherinnen und Österreicher, sich an der Quartiersuche aktiv zu beteiligen" - auch mit Überzeugungsarbeit im Umfeld, um den "politischen Entscheidungsträgern den notwendigen Mut" zu geben: "In den nächsten Monaten - vor allem vor Einbruch des Winters - muss alles unternommen werden, um Obdachlosigkeit zu vermeiden."