Die Euro-Länder lehnen eine Verlängerung des griechischen Hilfsprogramms über den 30. Juni hinaus ab. "Das Programm wird Dienstagnacht auslaufen", teilte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem nach einem Sondertreffen in Brüssel mit. Athen habe die Vorschläge der Gläubiger abgelehnt und den "Prozess abgebrochen". Griechen-Premier Alexis Tsipras will die angekündigte Volksabstimmung trotzdem abhalten.

Nun ist vorerst die Europäische Zentralbank (EZB) am Zug - sie wird nach Angaben von EU-Diplomaten am Sonntag über ihr weiteres Vorgehen beraten. Die EZB stützt die griechischen Banken schon länger mit Notkrediten, um einen Zusammenbruch des Bankensektors zu verhindern. Die EZB muss nun entscheiden, ob sie weitere Nothilfen für griechische Banken gewährt. Dreht sie den Geldhahn endgültig zu, spitzt sich die Lage weiter zu.

Der griechische Premier Tsipras hatte in der Nacht auf Samstag in einer auf allen Kanälen übertragenen Fernsehansprache angekündigt, das griechische Volk werde am 5. Juli über die von den Geldgebern verlangten Reformen abstimmen können. "Das Volk soll ohne jede Erpressung entscheiden." Er werde die Gläubiger bitten, das Ende Juni auslaufende Hilfspaket dafür um einige Tage zu verlängern. Mit diesem Ansinnen ist Griechenland jedoch gescheitert.

Geduldsfaden überspannt

Die Ankündigung des Referendums hat den Geduldsfaden der Euro-Finanzminister offenbar überspannt. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte bereits vor dem Sondertreffen, er sehe nun keine Grundlage mehr für weitere Verhandlungen mit Athen. Die griechische Regierung habe einseitig die Verhandlungen beendet.

Schäuble hat Griechenland mit dem Ende des Hilfsprogramms "akute Schwierigkeiten" in den kommenden Tagen vorhergesagt. Es sei daher klar, dass die Euro-Staaten "alles tun werden, um jede denkbare Ansteckungsgefahr zu bekämpfen", sagte Schäuble am Samstagabend nach einem Treffen der Euro-Finanzminister zu Griechenland in Brüssel.

Die Tür für die griechische Regierung zur Rückkehr an den Verhandlungstisch steht nach Angaben von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem jedoch weiter offen. "Der Prozess ist nicht vorbei und wird es wahrscheinlich nie sein", sagte Dijsselbloem am Samstagabend nach Beratungen der 18 Finanzminister der Eurogruppe ohne Teilnahme Griechenlands. Nach Angaben des französischen Finanzministers Michel Sapin wollen die 18 Euro-Finanzminister Griechenland im Euro halten.

Zugleich machte der niederländische Finanzminister Dijsselbloem mit Hinweis auf das von Athen angekündigte Referendum über das Reformpaket klar: "Wenn die griechische Regierung den Weg mit Hilfe des griechischen Parlaments weiter beschreitet, wird das Hilfsprogramm enden." Das aktuelle Programm läuft am Dienstag aus und damit auch der Zugriff der griechischen Regierung auf Finanzhilfen in Höhe von rund 18 Mrd. Euro. Nach Aussage Dijsselbloems hat der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis selbst entschieden, die Eurogruppensitzung zu verlassen.

"Glaubwürdigkeit geschädigt"

Die Weigerung, das Hilfsprogramm für Griechenland zu verlängern, "wird sicher die Glaubwürdigkeit der Eurogruppe schädigen", sagte Varoufakis. "Ich fürchte, dass dieser Schaden permanent sein wird." Der von den Gläubigern angebotene Sparplan hätte der griechischen Wirtschaft keine Aussicht auf Erholung gebracht, argumentierte Varoufakis. Griechenland habe nur um ein paar Wochen Verlängerung gebeten, damit das griechische Volk das letzte Wort habe. Es gebe sogar eine hohe Chance, dass die Griechen die Empfehlung der Regierung ablehnten und für den Plan der Institutionen stimmten.

Varoufakis würde nach Worten von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) den Sparplan der Gläubiger akzeptieren, wenn ihm das griechische Volk zustimmt. "Er hat mir geantwortet: Wenn das Referendum positiv ausgeht, dann unterschreibt er das sofort, was am Tisch liegt", sagte Schelling nach dem Krisentreffen der Euro-Finanzminister am Samstag in Brüssel.

Dies sei eine "sehr eigenartige Vorgangsweise", wenn man bedenke, dass die griechische Regierung ein Nein zu dem Sparplan empfehle, sagte Schelling. Athen und die Institutionen seien "nicht Welten auseinander" gewesen, Griechenland habe aber die Verhandlungen verlassen.

Das vorgeschlagene Referendum ist ein riskantes Pokerspiel, denn dasselbe Vorgehen kostete einen von Tsipras' Vorgängern, den früheren sozialistischen Regierungschef Giorgos Papandreou, im Jahr 2011 das Amt.

Ohne die Einigung und Zustimmung durch Parlamente in Griechenland und anderen Euro-Ländern bis zum 30. Juni verfallen die bisher blockierten Hilfskredite. Das sind 7,2 Mrd. Euro der Europäer sowie des Internationalen Währungsfonds. Zudem könnten weitere knapp 11 Mrd. Euro nicht genutzt werden, die zur Stabilisierung der griechischen Banken reserviert sind. Am 30. Juni muss Athen trotz leerer Kassen aber einen Kredit von 1,54 Mrd. Euro an den IWF zurückzahlen.