Nach dem offenbar islamistisch motivierten Anschlag auf ein Gaslager in Frankreich und der Enthauptung eines Mannes ist der mutmaßliche Attentäter am Samstag weiter vernommen worden. Den Ermittlern ging es zunächst vor allem darum herauszufinden, ob es Komplizen gab. Frankreichs Präsident Francois Hollande beriet indes mit seinen zuständigen Ministern über die weiteren Konsequenzen des Anschlags.

Dem 35-jährigen Yassin Salhi wird vorgeworfen, am Freitag auf das Gelände der auf Gasprodukte spezialisierten Firma Air Products in Saint-Quentin-Fallavier nahe Lyon vorgedrungen zu sein und in einem Hangar voller Gasflaschen eine Explosion verursacht zu haben. Feuerwehrleute konnten den Mann in einem zweiten Hangar überwältigen, als er gerade mit Azeton gefüllte Flaschen öffnete, um eine weitere Explosion zu verursachen.

Enthauptete Leiche

Am Anschlagsort entdeckten Polizisten zudem die enthauptete Leiche des Chefs des mutmaßlichen Attentäters sowie ein Messer, das am Samstag noch untersucht wurde. Den abgetrennten Kopf fanden die Polizisten am Zaun der Industrieanlage befestigt, daneben zwei islamistische Flaggen.

Salhi hat nach seiner Tat auf einem sogenannten "Selfie" mit dem Kopf seines Opfers posiert. Das Foto von sich mit dem abgetrennten Kopf habe er dann über den Chat-Dienst WhatsApp an eine nordamerikanische Nummer verschickt, verlautete am Samstag aus Ermittlerkreisen.

Der Teilnehmer hinter dieser Telefonnummer habe nicht ermittelt werden können. Dabei könne es sich aber auch um eine einfache Vermittlungsnummer zu einem anderem Teilnehmer handeln. Die Ermittler versuchen den Angaben zufolge herauszufinden, an wen das Foto geschickt wurde.

Noch am Samstag soll eine Autopsie des Leichnams des Ermordeten stattfinden. Dabei soll vor allem geklärt werden, ob der 54-Jährige möglicherweise nach seiner Tötung geköpft wurde.

Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst keine Jihadistengruppe - anders als bei den am selben Tag verübten Attentaten in Tunesien und Kuwait, zu denen sich die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) bekannte. Anti-Terror-Staatsanwalt Francois Molins hatte am Freitag erklärt, es gebe noch zahlreiche Unklarheiten, unter anderem, ob es Komplizen gab.

Weitere Festnahmen

Neben Salhi wurden auch seine Ehefrau, seine Schwester und ein weiterer Mann festgenommen. Gegen letzteren wird wegen "Terrorvorwürfen" ermittelt, seine Verbindung zum Anschlag ist aber noch unklar. Bisher gibt es Molins zufolge keine Hinweise, dass Salhi einen Komplizen bei sich hatte.

Hollande beriet am Samstag mit den Ministern für Äußeres, Inneres, Justiz und Verteidigung sowie Premierminister Manuel Valls über Konsequenzen aus dem Anschlag. Innenminister Bernard Cazeneuve verwies er auf die in den vergangenen Monaten ergriffenen Maßnahmen gegen den Extremismus im Sicherheitsbereich. Zudem kündigte er 500 neue Stellen pro Jahr bei Polizei und Gendarmerie an, sowie 1.500 neue Stellen ab Jänner für die Geheimdienste. Für die Modernisierung dieser Dienste würden für die nächsten drei Jahre 233 Millionen Euro bereitgestellt.

Valls hatte zuvor gewarnt, dass Frankreich weitere Anschläge drohten und das Attentat vom Freitag die Spannungen im Land verschärfen dürfte. "Dieser makabere Akt der Enthauptung und die Inszenierung mit Flaggen ist in Frankreich neu", sagte Valls. Zugleich warnte er vor weiteren Anschlägen. Die Frage sei nicht, ob es einen weiteren Anschlag geben werde, sondern wann.

Die höchste Sicherheitsstufe für Industriebetriebe im Südosten Frankreichs bleibt indes bestehen. Hollande hatte diese am Freitag für 158 Industriebetriebe der Region Rhone-Alpes angeordnet, die wegen der Verarbeitung gefährlicher Materialien der Seveso-Richtlinie unterliegen. Sie gilt für drei Tage.

Frankreich war bereits im Jänner Ziel von islamistischen Attentaten geworden, als drei Islamisten bei Anschlägen auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo", auf eine Polizistin und auf einen jüdischen Supermarkt im Großraum Paris insgesamt 17 Menschen töteten. 2012 tötete ein Islamist in Toulouse Soldaten und jüdische Kinder. Hunderte Franzosen schlossen sich überdies den Jihadisten in Syrien und im Irak an.

Ebenso wie die Attentäter von Paris und Toulouse war auch Salhi den Behörden wegen "Radikalisierung" bekannt. 2006 war er auf eine Liste der Sicherheitsbehörden gesetzt, 2008 aber wieder aus dem Register gestrichen worden. Vorstrafen hatte der dreifache Vater nicht. Staatsanwalt Molins sagte, zwischen 2011 und 2014 sei Salhi den Geheimdiensten immer wieder wegen Kontakten zur Salafisten-Szene von Lyon aufgefallen. Ein Kollege Salhis beschrieb ihn als "Wolf im Schafspelz". Er habe auch über den IS gesprochen.