„Es muss schnell gehen“, sagte der Franzose Alain Lamassoure bei der Eröffnungssitzung im Straßburger EU-Parlament. Der Sonderausschuss zur Untersuchung umstrittener Steuerpraktiken in EU-Ländern hat sich einen ehrgeizigen Fahrplan gegeben. Er muss in einem halben Jahr „liefern“, so ein Ausschussmitglied, weil sein Mandat dann ausläuft.

Die Abgeordneten wollen die Entscheidungen nationaler Steuerbehörden für Großunternehmen, die „tax rulings“ rückwirkend bis 1991 prüfen. Es geht darum, welche nationalen Behörden den Firmen geradezu geholfen haben, Steuern in Nachbarländern zu vermeiden. Der ÖVP-Abgeordnete im EU-Parlament, Othmar Karas, will dafür eintreten, dass alle großen Firmen verpflichtend ihre Verhältnisse offenlegen. Der Ausschuss müsse „alle Eiterbeulen der Steuerpolitik sichtbar machen und aufstechen“, so Karas.

Das Konzerne die EU-Staaten mit Steuertricksereien um Milliarden Euro an Einnahmen bringen, ist längst bekannt. Im herbst 2014 bekam das Thema eine neue Dimension, als Medien publik machten, dass die Steuerbehörden Luxemburgs Firmen regelrecht beraten, wie sie sich der Steuerpflicht in anderen Ländern entziehen können. Dabei geriet der jetzige Präsident der EU-Kommission in ein schiefes Licht, weil er als langjähriger Ministerpräsident und Finanzminister der Großherzogtums diese Praktiken begünstigt haben dürfte.

Die EU-Kommission prüft seit Dezember die Steuerpraktiken nicht nur Luxemburgs, sondern auch Belgiens, Irlands und der Niederlande.

JOHANNES KÜBECK