Jean-Claude Juncker, der neue Präsident der EU-Kommission, wird die Krise um seine Person kaum positiv beenden können. Das sagte Klaus-Dieter Sohn, Experte bei Centrum für Europäische Politik (CEP) in Freiburg (Deutschland) zu kleinezeitung.at. Juncker könne eine Schwächung seiner Position kaum noch abwenden. Innerhalb der EU-Kommission sei er in dieser Situation auf die Hilfe seiner Kollegen in dem Gremium angewiesen und im Kreise der Regierungen sei der Luxemburger erpressbar geworden, so Sohn.


Eine umfangreiche Medienrecherche hatte vor wenigen Tagen ans Licht gebracht, dass Luxemburg ausländische Konzerne mit günstigen Steuermodellen anlockte. Dadurch entgingen jenen Staaten, in denen diese Unternehmen operativ tätig sind, riesige Steuereinnahmen. Juncker war fast 20 Jahre Ministerpräsident und Finanzminister des Großherzogtums und gilt als entscheidender Förderer der Steuertricksereien. Das wirft in seiner neuen Funktion einen riesigen Schatten auf ihn.

Enttäuschung macht sich breit


Besonders im EU-Parlament, das Juncker und sein Team soeben erst durch Wahl bestätigt hatte, macht sich Enttäuschung über ihn breit. Die sozialdemokratische Fraktion wird Juncker in einer Plenarsitzung – und nicht in einem verschwiegenen Ausschuss – öffentlich zu der Begünstigung der Steuertricksereien befragen. Diese seien für ihre Partei „nicht hinnehmbar“, so Evelyn Regner, die Delegationsleiterin der SPÖ-Abgeordneten im EU-Parlament. Die liberale Fraktion will Junckers Praxis als Luxemburger Regierungschef in einem Sonderausschuss prüfen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Christdemokraten der Europäischen Volkspartei (EVP) ihren Parteifreund Juncker nicht vor diesen unangenehmen Prozeduren schützen können.