Kann man eine Demonstration ohne Demonstranten veranstalten? Chinesische Regimekritiker haben am Sonntag gezeigt, wie das geht:

Hunderte hoch nervöse Polizisten und Dutzende ausländische Journalisten versammelten sich in Pekings Fußgängerzone Wangfujing und wurden damit selbst zu Protagonisten von Chinas zweiter "Jasmin-Kundgebung". Denn die Aktivisten, die im Internet nach dem Vorbild von Tunesiens "Jasmin-Revolution" zu Protesten in insgesamt 13 Städten aufgerufen hatten, rieten den Demonstranten, zu ihrer eigenen Sicherheit einfach als Spaziergänger aufzutreten und sich nicht zu erkennen zu geben. Doch schon das reichte aus, um Chinas Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft zu versetzen und zu Verstößen gegen geltende Bürgerrechts- und Pressefreiheitsbestimmungen zu verleiten.

Schläge und Zensur

Nachdem es schon am vergangenen Sonntag in mehreren Städten zu kleinen Demonstrationen gekommen war, hatte die Polizei die angekündigten Kundgebungsorte diesmal weiträumig abgesperrt. Mehrfach provozierten Sicherheitskräfte Handgemenge und teilten Schläge aus. Mehrere Leute wurden abgeführt, darunter eine Journalistin des US-Senders "Voice of America". Schon im Vorfeld wurden ausländische Journalisten von den Sicherheitsbehörden aufgefordert, mit den Beamten zu kooperieren.

Obwohl Pekings Internetzensur sicherstellt, dass die anonymen Initiatoren der Demonstrationen mit ihren Aufrufen nur eine winzige Minderheit der Bevölkerung erreichen, zeigen die Großaufgebote, dass die Kommunistische Partei die Aktion keineswegs als Kleinigkeit betrachtet. Mehrere Kritiker, die in Blogs ihre Unterstützung für die "Jasmin-Bewegung" geäußert hatten, wurden festgenommen und sollen wegen "Aufrufs zum Sturz der Staatsgewalt" den Prozess gemacht bekommen.