Mit Küstenkorallenbäumen assoziieren wohl die wenigsten Menschen Rassismus und Diskriminierung. Zu Unrecht, sagen Botaniker. Denn der lateinische Name des Baums „Erythrina caffra“ beinhaltet ein Schimpfwort gegenüber Schwarzen. Konkret geht es dabei um das Wort „caffra“, eine diskriminierende Beleidigung, die vor allem in Südafrika verwendet wird. Deswegen heißt der Baum ab August dieses Jahres offiziell „Erythrina affra“. Das wurde am vergangenen Sonntag beim Internationalen Botanischen Kongress in der spanischen Hauptstadt Madrid beschlossen.

Kontroverse unter Botanikern

„Caffra“ steckt allerdings nicht nur im lateinischen Namen des Küstenkorallenbaums, sondern in mehr als 200 Namen von Pflanzen, Algen und Pilzen. Deshalb werden auch ihre Namen angepasst. Der Vorstoß kam vom südafrikanischen Biologen und Taxonomen von der Nelson Mandela Universität, Gideon Smith. Nicht alle Kongressteilnehmer waren darüber begeistert. Nach einer sechstägigen Sitzung kam es zu einer Abstimmung: 351 stimmten dafür, 205 dagegen. „Wir sind sehr zufrieden mit der permanenten Entfernung eines rassistischen Schimpfworts aus der botanischen Nomenklatur“, sagte Smith zum britischen „Observer“. Die anwesenden Wissenschafter einigten sich außerdem auf ein Komitee, das künftige Bezeichnungen von Pflanzen, Pilzen und Algen auf diskriminierende Namen prüfen und gegebenenfalls ablehnen soll.

Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass Spezies offiziell umbenannt wurden. Eine allgemeine Regelung, die die Umbenennung von rassistisch benannten Arten ermöglichen würde, wurde bisher von der Internationalen Kommission für Zoologische Nomenklatur abgelehnt. Im Vorjahr hieß es seitens der Kommission, dass auch neue Begriffe künftig als beleidigend gesehen werden könnten, wenn sich der Zeitgeist ändere.

„Hitler-Käfer“ behält Namen

Hitler-Käfer | Ein Anophthalmus hitleri, ein Hitler-Käfer unter einem Mikroskop in der Zoologischen Staatssammlung in München
Hitler-Käfer
| Ein Anophthalmus hitleri, ein Hitler-Käfer unter einem Mikroskop in der Zoologischen Staatssammlung in München © APA

Für Verwunderung und Aufsehen sorgt auch immer wieder der sogenannte „Anophtalmus hitleri“, der „Hitler-Käfer“. Er wurde im Jahr 1937 vom österreichischen Käfersammler Oskar Scheibel entdeckt und nach Adolf Hitler benannt. Im letzten Satz seiner Erstbeschreibung schrieb der Käfersammler: „Dem Herrn Reichskanzler Adolf Hitler als Ausdruck meiner Verehrung zugeeignet“.

Der Käfer wurde auch nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust nicht umbenannt. Denn nach den international geltenden Regeln der zoologischen Nomenklatur kann der Name nicht geändert werden. Der etwa 5 Millimeter lange und augenlose Käfer lebt in Höhlen in Slowenien. 1984 schaffte es der Käfer als Motiv auf eine jugoslawische Briefmarke, allerdings ohne Namensnennung.

Heute ist er vom Aussterben bedroht. Laut einem Bericht des deutschen „Spiegel“ aus dem Jahr 2006 wurden fast alle Exemplare des Insekts aus der Zoologischen Staatssammlung in München gestohlen. Der Käfer wurde zu einer begehrten Trophäe unter Sammlern von Nazi-Utensilien, sie werden um bis zu 2000 Dollar verkauft. Slowenien hat deshalb in Gebieten, in denen der „Anophtalmus hitleri“ heimisch ist, ein Sammel- und Handelsverbot über beschützte Arten verhängt.