Das EU-Parlament hat für eine zweite Amtszeit von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin gestimmt. 401 Abgeordnete votierten am Donnerstag bei der Plenarsitzung in Straßburg für die deutsche EVP-Politikerin, 284 dagegen. Nun kann von der Leyen damit beginnen, ihre Kommission zusammenzustellen. EU-Experte-Stefan Lehne gab in der ZiB 2 der österreichischen Regierung auch gleich einen Tipp mit auf den Weg. Man solle von der Leyen bei der Nennung österreichischer Kandidaten für ein Kommissionsposten bloß nicht verärgern.

Von der Leyen hatte alle Länder, die einen neuen Kommissar oder Kommissarin stellen, aufgefordert, sowohl eine Kandidatin als auch einen Kandidaten zu nennen. Dies sei laut Lehne zwar lediglich ein Wunsch der Kommissionspräsidentin, dieser sei aber durchaus ernstzunehmen. Was das konkret für Österreich bedeute, wenn man nicht ein „Orchideen-Kommissariat“ erhalten wolle - fragte Margit Laufer nach. Schnell eine Lösung finden, sonst riskiere Österreich, „ein nicht sehr interessantes Kommissariat“ zugewiesen zu bekommen.

Viele grüne Inhalte

Aus Sicht des EU-Experten war die Wiederwahl von der Leyens für das Mitte-Bündnis unausweichlich. „Ihr Scheitern heute in der Wahl hätte eine große Krise ausgelöst“, so Lehne. Dafür habe die deutsche Spitzenpolitikerin jedoch viele Zugeständnisse machen müssen, um die Wiederwahl abzusichern. Besonders auf die Grünen, von denen von der Leyen viel Kritik geerntet habe, musste sie laut des EU-Experten, zugehen. Daher sei es kaum verwunderlich, dass ihre am Donnerstag vorgestellten Leitlinien auch viele grüne Inhalte mittrügen.

Zwei große Schwerpunkte finden sich in den Leitlinien wieder, die von der Leyen in ihrer zweiten Amtszeit verfolgen will: Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit sowie Verteidigungs-Union. Gerade ersteren charakterisiert Stefan Lehne jedoch so formuliert als „ein Etikettenschwindel, da viele grüne ambitionierte Ziele in ersten Punkt hineingepackt wurden“. Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit hätten aus seiner Sicht „sehr viel grüne Substanz“.

Von der Leyens Wiederwahl „alternativlos“

Positiv erwähnte Stefan Lehne das Krisenmanagement der Kommission in den vergangenen 15 Jahren - trotz der vielen internen Streitigkeiten. „Die EU hat 15 Jahre Krisenmanagement hinter sich, in der ihr fast jedes Jahr prophezeit wurde, dass sie bald auseinanderbrechen würde. Aber, sie hat sich bewährt, und gerade die Kommission hat an Statur gewonnen“, betont der Experte. Auch weil die Kommission in den Krisen exekutiv handeln musste, und nur sie in der Lage war, die Expertise sowie die finanziellen Kapazitäten aufzubringen und über die Administration verfügte, um tätig zu werden. „Von der Leyen ist vermutlich seit Jacques Delors eine der profiliertesten Kommissionspräsidenten, deswegen war sie alternativlos.“