Es waren nur wenige Minuten vergangen. Zuerst gab sich Donald Trump mit blutendem Ohr und ausgestreckter Faust kämpferisch, ehe kurz darauf auf Social Media bereits die ersten Theorien zum versuchten Attentat auf den republikanischen Präsidentschaftskandidaten kursierten. Die einen gaben dem amtierenden Präsidenten Joe Biden die Schuld, meinten, er hätte Trump aus dem Weg räumen lassen wollen.

Steckt Trump selbst dahinter?

Andere meinten sogar, Trump selbst sei für das Attentat verantwortlich, er wolle damit seine Erzählung des scheinbar unerschütterlichen Bewerbers für die Präsidentschaft befeuern, der von seinen Gegnern mit allen Mitteln bekämpft wird. Wieder andere sahen eine ukrainische, russische oder Nato-Verschwörung. Keine dieser Theorien lässt sich bestätigen, für keine gibt es logische Anhaltspunkte – und doch erhalten sie alle Zulauf. Neu ist das nicht.

Die US-Amerikaner lieben Verschwörungstheorien. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass die Anschläge vom 11. September 2001 von der US-Regierung geplant und durchgeführt worden seien. Laut einer Studie der Chapman Universität aus dem Jahr 2016 glaubt mehr als die Hälfte der Amerikaner daran. Da verwundert es nicht, dass auch das Schussattentat auf Donald Trump guter Stoff für Verschwörungstheorien ist. „Tendenziell sind die US-Bürger sicher anfälliger für Verschwörungstheorien“, sagt der auf Verschwörungstheorien spezialisierte Amerikanist Michael Butter von der Uni Tübingen – auch wenn es sich dabei um ein globales Phänomen handelt.

Seine Forschung zeigt, dass Menschen mit niedrigerem Bildungsgrad und schwächerem Sozialstatus eher dazu tendieren, Verschwörungstheorien zu glauben – beides trifft auf die USA OECD-Zahlen zufolge zu. Hinzu kommt das amerikanische Parteiensystem. „In den USA gibt es keine Koalitionen – die konkurrierende Partei wird viel stärker als Feind wahrgenommen, dem man die schlimmsten Dinge zutraut“, sagt der Experte. Mediale Echokammern, die in den USA politisch abhängig agieren, verstärken dieses Gefühl.

Verschwörungstheorien sind Zuflucht und Bestätigung gleichermaßen. „Man glaubt das, was man glauben will – auch wenn die Fakten etwas anderes sagen“, meint Butter. Die Verschwörungstheorien müssen mit dem eigenen Weltbild übereinstimmen, dann schenkt man ihnen Glauben und beharrt darauf, die „echte Wahrheit“ gefunden zu haben. Der Diskurs wird dann schwierig, die Stimmung polarisierter. In den USA ist auch das keine neue Entwicklung. Trumps hartgesottene Fans überhöhen ihren Kandidaten nun noch mehr als unbesiegbaren Märtyrer. Seine Gegner sehen indes einen Mann, der mit allen Tricks arbeite, um an die Macht zu kommen.

„In den USA gibt es keine Koalitionen und notwendige Kooperationen - die konkurrierende Partei wird viel stärker als Feind wahrgenommen, dem man die schlimmsten Dinge zutraut“, sagt der Experte. Mediale Echokammern, die in den USA politisch-abhängig agieren, verstärken dieses Gefühl.

Michael Butter von der Uni Tübingen
Michael Butter von der Uni Tübingen © Uni Tübingen

Verschwörungstheorien sind Zuflucht und Bestätigung gleichermaßen. „Man glaubt das, was man glauben will - auch wenn die Fakten etwas anderes sagen“, meint Butter. Trumps hartgesottene Fans überhöhen ihren Kandidaten nun noch mehr als unbesiegbaren Märtyrer. Seine Gegner sehen indes einen Mann, der mit allen Tricks arbeitet, um an die Macht zu kommen. Die Folge: Die Kluft zwischen den Parteien wird größer.