Im Europaparlament wird es künftig drei europaskeptische Fraktionen geben. Die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) hat eigenen Angaben zufolge genügend Partner für die Bildung einer eigenen Fraktion gefunden. Ein Sprecher von Co-Parteichefin Alice Weidel bestätigte einen entsprechenden Bericht der „Welt“. Der Fraktion sollen demnach 28 Abgeordnete aus neun Ländern angehören, 14 davon von der AfD. 23 Abgeordnete aus sieben Ländern sind nötig.

Die AfD schlägt laut „Welt“ den neuen Partnern den Namen „Europa Souveräner Nationen“ (ESN) vor. Fraktionschef soll der Thüringer Abgeordnete René Aust werden. Die Gründung der Fraktion solle am Mittwochabend bekanntgegeben werden. Derzeit liefen noch Verhandlungen über die Posten der stellvertretenden Vorsitzenden.

Voraussichtliche Partner in dem Rechtsbündnis sind demnach Reconquête aus Frankreich, Konfederacja aus Polen, Wasraschdane (Wiedergeburt) aus Bulgarien, Se Acabó La Fiesta aus Spanien, SPD aus Tschechien, Republika aus der Slowakei, Mi Hazánk Mozgalom aus Ungarn und die People and Justice Union aus Litauen. Es habe mit allen voraussichtlich neuen Partnern erfolgreiche Gespräche über eine Zusammenarbeit gegeben, hieß es. „Die AfD wird die Fraktion auch weiter für andere Delegationen offen halten, die sich anschließen möchten“, sagte Weidels Sprecher.

Sammelbecken für einzelne Abgeordnete

Der Vorsitzende der tschechischen ultrarechten Partei Freiheit und direkte Demokratie (SPD), Tomio Okamura, bestätigte die Pläne zu einer gemeinsamen Fraktionsgründung mit der AfD. „Das Programm der Fraktion richtet sich gegen den Green Deal, Migration und die Islamisierung Europas“, sagte der 52-Jährige nach Angaben der Agentur CTK. Die SPD ist mit nur einem Abgeordneten im neuen EU-Parlament vertreten. Sie war in der vergangenen Legislaturperiode Fraktionspartnerin der FPÖ, die aber nun mit der größten tschechischen Oppositionspartei ANO von Ex-Premier Andrej Babiš gemeinsame Sache macht und der größten europaskeptischen Fraktion „Patrioten für Europa“ angehört.

In „Patrioten für Europa“ sind praktisch alle Parteien der früheren kleineren europaskeptischen Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) aufgegangen, die damit nicht mehr in Erscheinung tritt. Wegen des Wahlerfolgs des französischen Rassemblement National, das alleine 30 EU-Abgeordnete stellt und der Unterstützung von ANO und der ungarischen Regierungspartei Fidesz ist diese Fraktion nun die drittstärkste Kraft in der EU-Volksvertretung. Sie überholte die bisher dominierende europaskeptische Kraft Europäische Konservative und Reformer (EKR).

AfD bei den „Patrioten“ nicht erwünscht

Die AfD schloss sich der Fraktion „Patrioten für Europa“ nicht an, was vor allem an Vorbehalten anderer Parteien liegen dürfte. Kurz vor der Europawahl waren alle AfD-Abgeordneten aus der ID ausgeschlossen worden, nachdem Spitzenkandidat Maximilian Krah umstrittene NS-Äußerungen getätigt hatte. Obwohl Krah nach der Wahl von den anderen AfD-Abgeordneten ausgeschlossen wurde, blieb eine Rückkehr in die europäische Parteienfamilie verbaut.

AfD-Chefin Weidel sagte, die Partner in der Fraktion „Patrioten für Europa“ unterlägen „politischen und auch außenpolitischen und außenwirtschaftlichen Zwängen, auf die wir momentan Rücksicht nehmen müssen“. In der AfD-Spitze wird die Theorie vertreten, dass etwa die deutsche Regierung Orban in seiner Rolle als ungarischer Regierungschef davon abhalten könnte, dass es zu einer Zusammenarbeit mit der AfD kommt. (APA)