Ihre Familie wurde von Nazis ermordet, sie selbst wurde nach zwei Jahren des Versteckens mit 23 Jahren von jüdischen „Greifern“ den Schergen der SS. Wie durch ein Wunder überlebte Margot Friedländer den Holocaust im Konzentrationslager Theresienstadt, wo sie auf ihren späteren Ehemann Adolph traf. 1946 wanderte Paar nach New York aus – sie sprachen nie über das Erlebte. 78 Jahre später zeigt das Heftcover der deutschen Vogue Juli/August die 102-Jährige. Sie trägt einen leuchtend roten Mantel, selbstbewusst und liebevoll blickt sie kerzengerade in die Kamera: eine freundliche, elegante Dame mit grauen Haaren und einem sanften Lächeln im Gesicht. „Love – Ein Plädoyer für das Miteinander“, steht darunter.

Was Margot Friedländer erlebt hat an Wut, Mordlust, Verrat und Verlust, lässt sich nicht begreifen noch in Worte fassen. Sie hätte jeden Grund, verbittert zu sein. Doch sie hat ihren Frieden gefunden. „Hass ist mir fremd“, sagt sie. Und sie lebt einen Auftrag: Sprechen gegen das Vergessen und für ein starkes Miteinander. „Schaut nicht auf das, was euch trennt. Schaut auf das, was euch verbindet“, bittet sie.

Nach dem Tod ihres Mannes kehrte die Witwe mit 88 Jahren nach Deutschland zurück. Unermüdlich erzählt die Zeitzeugin seither ihre Geschichte. Wer sie mit Schulklassen erlebt, bekommt das Vorurteil widerlegt, die Schüler wollten heute vom Holocaust nichts mehr wissen. In ihrer Seniorenresidenz hat sie ganze Ordner voller Danksagungen, wurde mit dem deutschen Bundesverdienstkreuz geehrt und zur Berliner Ehrenbürgerin ernannt. Dass die AfD heute im Bundestag sitzt, erschüttert die alte Dame: „Ich bin entsetzt“, sagt sie über das herrschende politische Klima in Deutschland. Umso stärker trommelt sie ihre Botschaft: „Was war, können wir nicht mehr ändern, aber es darf nie wieder geschehen.“