Der Streit über die Zukunftspläne nach einem Ende des Kriegs gegen die Hamas im Gaza-Streifen treibt einem immer größeren Keil zwischen Israel und seinem wichtigsten Verbündeten. So hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Darstellung von US-Präsident Joe Biden zurückgewiesen, dass eine Zweistaatenlösung, also ein offizieller Palästinenser-Staat neben Israel, mit ihm machbar sei. „Ich werde keine Kompromisse eingehen, wenn es um die volle israelische Sicherheitskontrolle über das gesamte Gebiet westlich des Jordan geht - und das steht im Widerspruch zu einem palästinensischen Staat“, erklärte Netanjahu. „Israels Ministerpräsident muss imstande sein, auch „nein“ zu sagen, wenn es nötig ist, selbst zu unseren besten Freunden.“

US-Präsident Biden, der auf einen Staat für die Palästinenser drängt, hatte sich zuvor nach einem Telefonat mit Netanjahu zuversichtlich gezeigt. Auf die Frage von Journalisten, ob eine Zweistaatenlösung unmöglich sei, solange Netanjahu noch im Amt sei, antwortete er: „Nein, ist sie nicht.“

Kritik aus Großbritannien

Der britischer Verteidigungsminister Grant Shapps kritisierte am Sonntag die ablehnende Haltung Netanyahus zu einer Zweistaatenlösung. „Ich denke, es ist enttäuschend, wenn man Benjamin Netanjahu sagen hört, dass er nicht an eine Zweistaatenlösung glaubt“, sagte Shapps dem Fernsehsender Sky News. Fairerweise müsse man aber sagen, dass Netanjahu das schon lange sage.

„Die Palästinenser verdienen einen souveränen Staat“, sagte Shapps. Und Israel verdiene es, sich und seine Sicherheit verteidigen zu können. Er sehe nicht, wie es eine Lösung geben könne, wenn man nicht eine Zweistaatenlösung anstrebe. Man habe in der israelischen Regierung viele verschiedene Ansichten, sagte Shapps. „Wir unterscheiden also sehr stark zwischen den Ansichten einzelner und unserer allgemeinen Unterstützung für Israel als Land.“

Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres kritisierte das Vorgehen Israels im Gazastreifen und die ablehnende Haltung gegenüber einer Zweistaatenlösung erneut scharf. „Israels Militäreinsätze haben massenhafte Zerstörung verbreitet und Zivilisten in einem Ausmaß getötet, wie ich es in meiner Zeit als Generalsekretär noch nie erlebt habe“, sagte er am Sonntag. „Das ist herzzerreißend und völlig inakzeptabel.“ Auch die Verweigerung einer Zweistaatenlösung sei nicht hinnehmbar. Den Palästinensern das Recht auf Staatlichkeit zu verweigern, würde „einen Konflikt auf unbestimmte Zeit verlängern, der zu einer großen Bedrohung für den Weltfrieden und die Sicherheit geworden ist“.

Die Hamas spricht Israel das Existanzrecht ab, lehnt wie Netanyahu eine Zweistaatenlösung ab und strebt die Schaffung eines palästinensischen Staates auf dem ganzen Gebiet westlich des Jordans an. Am 7. Oktober töteten hunderte Kämpfer der nicht nur von Israel sondern auch von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas bei einem brutalen Angriff auf Israel etwa 1.140 Menschen getötet und rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Nach israelischen Angaben befinden sich nach wie vor 132 Geiseln in der Gewalt der Hamas, 27 von ihnen sollen tot sein. Als Reaktion auf den Überfall erklärte Israel der Hamas den Krieg und startete einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach jüngsten Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dort seither mehr als 24.900 Menschen getötet.