Können wir noch hoffen? Oder bleibt die Hoffnung der Regenbogen über dem rauschenden Strom des Lebens, wie es Friedrich Nietzsche sagte? Fragen, die sich Philosophen, Sozial- und Kulturwissenschaftler beim Philosophicum in Lech gerade stellen. Zumindest müsste, betont der wissenschaftliche Leiter des Philosophicum, Konrad Paul Liessmann, die berühmte Frage von Kant, was wir hoffen dürfen, angesichts aller Krisen eigentlich umformuliert werden in die Frage, ob wir überhaupt noch hoffen dürfen.

„Wir dürfen und müssen“, sind sich viele beim Philosophicum einig. Immerhin lautet auch der Titel der Veranstaltung „Alles wird gut. Über die Dialektik der Hoffnung“. Selbst wenn manche Vorträge wie jener des Grazer Philosophen Peter Strasser „Apokalypse. Die Rettung der Welt durch ihren Untergang“ oder jener des Berliner Soziologen Harald Welzer, der über die Hoffnung als Falle und wunschgetriebenes Handeln referiert, auch anderes vermuten lassen.

Wider die allgegenwärtige Untergangsstimmung

„Alles wird gut“ ist natürlich auch ein Akt der Rebellion gegen Pessimismus, Apokalypse-Kommunikation, „Das-Ende-der-Welt-Rufer“. Wie es ebenso angesiedelt ist zwischen Wunsch und Hoffnung. In Lech geht es den Vortragenden aber vor allem um das Prinzip Hoffnung, diesen Gegenpol zu Resignation, Angst, Verzagtheit. Jene Hoffnung, die den Schrecken besänftigen kann, weil sie neue Wege zumindest in Aussicht stellt. Weil sie zum Handeln auffordert, Seelenaufschwünge ermöglicht, selbst in pessimistisch stimmenden Zeiten von schmelzenden Polkappen, steigendem Meeresspiegel, Hochwasserkatastrophen, einem brutalen, menschenverachtenden Abnützungskrieg in der Ukraine oder auch eines wachsenden Vertrauensverlustes in Medien und Politik.

Ulf Poschardt, Chefredakteur der Zeitung „Die Welt“, ortete den Grund für den Vertrauensverlust in „Repräsentationslücken“ von Politik wie Medien, weil Teile der Gesellschaft mit ihren Meinungen in der Öffentlichkeit nicht mehr vorkommen würden. Der öffentliche Rundfunk in Deutschland „mit seinen grün-roten Kommentaren“ sei, meint er, fatal in der Klimadebatte. Gemeinsam mit den NGOs bilde er einen „großen Meinungsbrei“. Welzers Appell? Wir sollten uns nüchtern, sachlich, nicht apokalyptisch mit dem Klima und den nötigen Maßnahmen befassen.

Populismus der einfachen Lösungen

Ein Appell, dem sich auch der Ökonom und Nachhaltigkeitsforscher Fred Luks anschließt, der die Möglichkeiten und Grenzen des ökologisch-ökonomischen Wandels betrachtete. Als Grenze bezeichnet er die desaströse Lage im ökologischen Bereich, die Beharrungskraft in der „Nicht-Nachhaltigkeit“, aber auch einen Populismus, der die Nachfrage nach einfachen Lösungen bedient.

„Es ist Populismus, wenn wir sagen, wir reduzieren den Konsum oder wir krempeln die ganze Wirtschaft um und dann wird alles nachhaltig. Ein historisch gewachsenes Wirtschaftssystem kann man nicht einfach umstellen oder abstellen wie einen Staubsauger“, warnt er. Mit solchen Ansagen würde die Fantasie bei der Suche nach wirklichen Lösungen begrenzt.

Wie viel Platz für die Hoffnung bleibt? Wie viel Pessimismus, wie viel Optimismus gerechtfertigt ist? Den Vortrag des Philosophen Konrad Paul Liessmann über die Dialektik der Hoffnung mit allen Fallstricken und Möglichkeiten können Sie in unserer morgigen Zeitung nachlesen.