„Wer braucht schon Frieden?“, fragten die Grünen im EU-Wahlkampf 2019, als sie die Vision einer „ökologischen, sozialen Friedensrepublik Europa“ verwirklichen wollten. Die Grünen positionieren sich seit jeher als Friedenspartei und gehören zu den Verteidigern der österreichischen Neutralität.

Gleichzeitig hat sich die Partei aber auch für die Beteiligung am „Sky Shield“ ausgesprochen. Dabei handelt es sich um ein gemeinsames Luftabwehr-System der NATO-Staaten. Durch die Initiative sollen bestehende Lücken im derzeitigen Schutzschirm für Europa geschlossen und beispielsweise die Abwehr ballistischer Raketen ermöglicht werden.

Österreich ist zwar ein neutrales Land und kein NATO-Staat, beteiligt sich aber trotzdem an „Sky Shield“. Laut Experten sei das sinnvoll und im Sinne der Neutralität möglich. Im Juli hat Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) die entsprechende Absichtserklärung zum Beitritt unterschrieben.

Ukrainekrieg hat sicherheitspolitische Lage geändert

Die Grünen stehen für eine Außenpolitik des Dialogs und unterstützen die globale Abrüstung, sowie eine atomwaffenfreie Welt. Um zum Frieden beizutragen, will sich die Partei vor allem für zivile Gewaltprävention und Konfliktlösung einsetzen. „Dauerhafter Frieden kann nicht durch Krieg oder gegen eine Bevölkerung erzwungen werden“, heißt es auf der Website der Koalitionspartei.

Als Österreich unter der türkis-blauen Regierung PESCO, der verstärkten strukturellen Zusammenarbeit der Europäischen Union im Verteidigungsbereich, beigetreten ist, waren die Grünen im Parlament als Oppositionspartei tätig. Die Partei forderte damals den Rückzug aus PESCO: „Wir sehen die Gefahr, dass andernfalls die immerwährende Neutralität Österreichs aufs Spiel gesetzt wird“, so der damalige Bundessprecher der Grünen, Werner Kogler.

Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine habe sich die Sicherheitslage aber wesentlich geändert. Das Thema Sicherheit sorgte in Vergangenheit öfter für Diskussionen, auch bei den Koalitionspartnern ÖVP und Grüne. Ein Streitpunkt war beispielsweise, ob Österreich in der Ukraine Entminungshilfe leisten soll. Die ÖVP war dagegen, die Grünen dafür.

Grüne Wende in Friedenspolitik?

Das grüne „Ja“ zu „Sky Shield“ sorgt mancherorts für Überraschung. Auch das Krisensicherheitsgesetz, das nur mit Stimmen der Koalitionsfraktionen ÖVP und Grüne beschlossen, und zuvor stark von den Oppositionsparteien kritisiert wurde, lässt in manchen Köpfen die Frage auftauchen, ob die Grünen ihre Position zu sicherheitspolitischen Agenden geändert haben.

Die Grünen sehen aber weder in „Sky Shield“ noch im Krisensicherheitsgesetz einen Widerspruch zur bisherigen Position. In Bezug auf das Krisensicherheitsgesetz äußerte sich David Stögmülller, Wehrsprecher der Grünen, folgendermaßen: "Wir bringen das Krisenmanagement ins 21. Jahrhunderte", erklärte er. Durch das Gesetz bleibe der Staat im Krisenfall handlungsfähig und bekomme ein Krisenkoordinationszentrum.

Auch bei "Sky Shield" haben die Grünen neutralitätsrechtlich keine Bedenken. Die Neutralität sei durch den Beitritt zum europäischen Luftverteidigungsbündnis Anfang Juli nicht gefährdet, da es kein Beitritt zu einem Militärbündnis sei, sagte die Delegationsleiterin der Grünen im EU-Parlament, Monika Vana, Montagabend in der ZiB 2 des ORF.

Außerdem würden auch keine fremden Truppen in Österreich stationiert und Experten davon ausgehen, dass es zu Budgeteinsparungen komme. "Dagegen haben die Grünen nichts", so Vana in der ORF-Sendung. Bei neutralitätsrechtlichen Bedenken habe Österreich darüber hinaus ein Rücktrittsrecht bei "Sky Shield". Gegen ein europäisches Verteidigungsbündnis sei sie aber, betonte die Grün-Politikerin.