Die Wahl von Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zur niederösterreichischen Landeshauptfrau und Udo Landbauer (FPÖ) zu ihrem Stellvertreter kommt wohl nicht vor den Verfassungsgerichtshof. Die SPÖ gab am Dienstagnachmittag bekannt, keine Beschwerde einzubringen. Die Partei übte wie Grüne und Neos Kritik an der LH-Wahl. Auslöser der Debatte war die nach Ansicht von Verfassungsjurist Karl Stöger "unklare Rechtslage". Landtagspräsident Karl Wilfing (ÖVP) beauftragte ein Gutachten.
"Wir lassen uns jetzt nicht auf einen juristischen Schlagabtausch ein", teilte SPÖ-Klubobmann Hannes Weninger in einer Aussendung mit. Man konzentriere sich auf die inhaltliche Arbeit für Niederösterreich. "Wie erwartet haben ÖVP und FPÖ in der
Präsidialsitzung alle Bedenken namhafter Verfassungsexperten vom
Tisch gewischt und alles schöngeredet", meinte er. Zuvor hatte
Weninger eine verfassungsrechtlich eindeutige Klarstellung
gefordert. Kern der Diskussion ist die Berücksichtigung von
ungültigen Stimmen.
Die Neos hatten angekündigt, sich einer etwaigen Beschwerde
anzuschließen. Für das Rechtsmittel wäre laut Stöger die
Unterstützung von mindestens einem Zehntel der 56 Mitglieder des
Landtages, also von sechs Abgeordneten, nötig. Die Neos verfügen
über drei Mandatare. Die Frist endet vier Wochen nach der
konstituierenden Sitzung, also am Donnerstag.
Obwohl Wilfing einer Aussendung zufolge keine offene Rechtsfrage sieht, wurde Verfassungsexperte Peter Bußjäger mit einem Gutachten beauftragt. In einer Vorabstellungnahme des Juristen sei die Richtigkeit der Vorgehensweise bei der Wahl der Landeshauptfrau bzw. ihrer Stellvertreter in der konstituierenden Sitzung des Landtags bestätigt worden, teilte die Landtagsdirektion im Anschluss an die Sitzung der Präsidialkonferenz mit. Es komme auf die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen an. Mit einer Verfassungsbestimmung in der Geschäftsordnung des Landtages sei "klargestellt, dass leere Stimmzettel auch bei der Wahl des Landeshauptmannes und der Stellvertreter nicht zu berücksichtigen sind", wurde auf die Vorabstellungnahme von Bußjäger verwiesen.
Auch nach Einschätzung der Grünen wurden Landeshauptfrau und
Stellvertretung "gesetzesmäßig gewählt". Für Klubobfrau Helga Krismer ist es "bedauerlich und ein politisches Fiasko". Die Grünen fordern weiterhin die Abschaffung des Proporzes, "damit klare und transparente Verhältnisse geschaffen werden und wir uns solche Diskussionen in Zukunft ersparen". ÖVP-Klubobmann Jochen Danninger erklärte in einer Aussendung: "In der heutigen Präsidiale haben alle Mitglieder bis auf den SPÖ-Vertreter keine offenen Rechtsfragen bei der Wahl der Landesregierung erkennen können." Die Wahl der Landesregierung "war korrekt", hielt Danninger fest.
Nach der Ankündigung der FPÖ, weiß zu wählen, war Mikl-Leitner in der konstituierenden Sitzung am 23. März mit 24 von 41 gültigen Stimmen als Landeshauptfrau bestätigt worden. Ähnlich war die Situation bei Landbauer. Der Freiheitliche kam als neuer LH-Stellvertreter auf 25 von 44 gültigen Stimmen.