NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg geht nicht von einem schnellen Ende des Kriegs in der Ukraine aus. "Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass er Jahre dauern könnte", sagte er der deutschen Zeitung "Bild am Sonntag" laut Vorausbericht. Man dürfe aber nicht nachlassen, die Ukraine zu unterstützen. "Auch wenn die Kosten hoch sind, nicht nur für die militärische Unterstützung, auch wegen der steigenden Energie- und Lebensmittelpreise."
Das sei aber kein Vergleich zu dem Preis, den die Ukrainer jeden Tag mit vielen Menschenleben zahlen müssten. Und wenn der russische Machthaber Wladimir Putin aus diesem Krieg die Lehre ziehe, dass er so weitermachen könne wie nach dem Georgien-Krieg 2008 und der Besetzung der Krim 2014, dann bezahle der Westen einen noch viel höheren Preis.
Krieg immer brutaler geführt
Obwohl der Kampf im Donbass von Russland immer brutaler geführt werde, leisten die ukrainischen Soldaten tapferen Widerstand, sagte Stoltenberg. Mit weiteren modernen Waffen steige die Wahrscheinlichkeit, dass die Ukraine Putins Truppen auch aus dem Donbass vertreiben könne. Zu atomaren Drohungen sagte der NATO-Chef, Putin müsse wissen: "Einen Atomkrieg kann man nicht gewinnen und er darf nie geführt werden. Unser klares Signal an Russland: Die NATO schützt alle Mitgliedstaaten."
Westen wird nicht eingreifen
Stoltenberg bekräftigte aber, das westliche Bündnis werde nicht in die Kämpfe eingreifen. "Die NATO wird die Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung weiter unterstützen, ist aber nicht Teil des Konflikts. Wir helfen dem Land, aber wir werden keine NATO-Soldaten in die Ukraine senden." Man habe die eigene Verteidigung mit 40.000 Soldaten unter NATO-Kommando gestärkt. Das Bündnisgebiet sei zu Lande, zu Wasser und in der Luft gesichert. "Das ist eine klare Botschaft an Moskau, damit es dort keine Missverständnisse über unsere Abwehrbereitschaft gibt."
Hoffen auf NATO-Beitritt
Er hoffe, dass Finnland und Schweden bald der NATO beitreten könnten, sagte Stoltenberg. Dazu setze er auf weitere Gespräche mit dem blockierenden Mitglied Türkei, die die Beitritte an Bedingungen etwa zum Umgang mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) knüpft. "Die Türkei ist ein wichtiges NATO-Land mit strategischer Bedeutung zwischen Europa, Russland, Irak und Syrien." Die NATO-Staaten, Schweden, Finnland und die EU stuften die PKK als Terror-Gruppe ein. "Kein NATO-Land hat so viel unter Terror gelitten wie die Türkei", sagte der NATO-Chef. "Deswegen nehmen wir die Bedenken der Türkei sehr ernst und tun alles, um sie auszuräumen."
Auf dem NATO-Gipfel Ende Juni in Madrid werde die Allianz erklären, dass Russland kein Partner mehr sei, sondern eine Bedrohung "für unsere Sicherheit, für Frieden und Stabilität", sagte Stoltenberg. Auch China werde erstmals in einem Papier vorkommen. "Denn Chinas Aufstieg ist eine Herausforderung für unsere Interessen, unsere Werte und unsere Sicherheit."