"Ich bin ziemlich verärgert über meinen EVP-Freund Kurz", sagte der deutsche CDU-Politiker Peter Liese laut der deutschen Zeitung "Die Welt" vom Freitag. Kurz habe im vergangenen Herbst die Chance gehabt, den Kurs der EU in der Coronakrise maßgeblich mitzugestalten.

Außerdem habe Österreich mit Clemens Martin Auer als Co-Chef der sogenannten EU-Steuerungsgruppe einen wichtigen Mann an zentraler Stelle des Brüsseler Entscheidungsprozesses sitzen. "Es ist nicht fair, jetzt die EU-Kommission zu kritisieren. Österreich war doch im Lead mit dem Beamten Auer", sagte Liese dem Bericht zufolge.

Kurz war gemeinsam mit seiner dänischen Amtskollegin Mette Frederiksen am Donnerstag nach Israel gereist, um die künftige Zusammenarbeit im Impfbereich festzuzurren. Der Bundeskanzler begründet das Streben nach einer Impfstoffkooperation damit, dass die von der Europäischen Union getätigten Bestellungen nicht so schnell wie erwartet liefen.

Nur eine "Inszenierungstour"

Kritik an der Reise äußerte am Freitag die SPÖ-Forschungssprecherin Sonja Hammerschmid. "Während in Österreich die Versäumnisse eines professionellen Krisenmanagements für jedermann sichtbar sind, flog der Bundeskanzler ins Ausland und begab sich dort auf eine Inszenierungstour", sagte sie laut einer Aussendung. Verärgert zeigte sich Hammerschmid über die Ankündigung der drei Länder, mit 50 Millionen Euro die Pandemie beenden zu wollen. "Wenn man hier nicht mindestens eine Null dranhängt, kann man die Summe im Bereich der Pharmaproduktion und der klinischen Forschung keine Sekunde lang ernst nehmen", so Hammerschmid.

Auch die dänische Ministerpräsidentin musste in ihrer Heimat Kritik von mehreren Seiten anhören. Die konservativ-liberale Partei Venstre kritisierte, dass die Reise wenige konkrete Ergebnisse gebracht habe. "Das, was mitgeteilt wurde, ist wenig konkret. Ich möchte gerne sehen, was der Besuch in Israel zur Debatte hier zuhause beiträgt", sagt der Venstre-Vorsitzende Jakob Ellemann-Jensen laut der deutschsprachigen Online-Zeitung "Der Nordschleswiger".

"Ins Fäustchen lachen"

Der sozialliberale frühere dänische Außenminister Martin Lidegaard meinte auf Twitter: "Netanyahus Wahlkampfteam dürfte sich ins Fäustchen lachen, während wir Dänen uns fragen müssen, warum ein solches Treffen über eine langfristige Zusammenarbeit nicht virtuell vonstatten gehen konnte, sodass wir mit den Verhandlungen über eine weitere Wiedereröffnung Dänemarks vorankommen." Frederiksen habe sich zu "Statistin" in Netanyahu Wahlkampf gemacht, kritisierten auch die Volkssozialisten.

Der Abgeordnete Søren Søndergaard von der linken Rot-Grün-Allianz, die Frederiksens sozialdemokratische Minderheitsregierung unterstützt, warnten dagegen laut der britischen Zeitung "Guardian": "Es wäre ein historischer Fehler für Dänemark, mit Israel zusammenzuarbeiten, solange Israel seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Stattdessen sollten wir von Israel verlangen, den Palästinensern die Impfstoffe zur Verfügung zu stellen, auf die sie einen berechtigten Anspruch haben".

Die Jerusalemer Regierung hat jüngst eine Impfkampagne für in Israel arbeitende Palästinenser angekündigt. Sie argumentiert gleichzeitig, dass die palästinensische Autonomiebehörde nicht um Hilfe bei der Impfung gebeten habe.