Sie sind Chef der AHS-Gewerkschaft. Einzelne Lehrer fordern das Aussetzen der Zentralmatura, weil der Stoff nicht vermittelt werden kann. Sie auch?

HERBERT WEISS: Nein. Die Schüler brauchen die Inhalte ja, auch danach, an den Unis. Aber gerade die jetzigen 8. Klassen haben schon am Ende der 7. Klasse viel verloren, das darf man nicht vergessen. Die damaligen Abschlussklassen waren noch besser dran, bei denen war der Unterricht ohnehin schon fast zu Ende, als der Lockdown kam. Ich verstehe die Bedenken der Eltern, aber man kann die Zeit ja nicht einfach nach hinten verschieben. Vielleicht muss man sich Sonderwege überlegen. Zum Beispiel Spezialthemen bewusst ausnehmen von Unterricht und Matura, und dazu dann an den einschlägigen Unis Eingangs-Vorlesungen anbieten.

Das würde eine Kooperation mit den Universitäten erfordern...

...die es bei der Konzeption der Zentralmatura eh nie gegeben hat, obwohl wir das eingefordert haben! Den Universitäten müsste man natürlich die Möglichkeit haben, die fehlenden Inhalte zu Beginn des Studiums noch zu vermitteln. Die Frage ist dann wieder, wer das finanziert, das müsste geregelt werden.

Was ist aktuell die größte Herausforderung für die Lehrer?

Dass wir bei steigender Infektionsgefahr mit der Oberstufe auf „distance learning“ umstellen sollen, damit für die Unterstufenklassen mehr Platz ist, und das auch noch in Kombination mit einem „Schichtbetrieb“. Wir haben noch keine Ahnung, wie wir das alles parallel schaffen sollen. Dazu kommt, dass wir dort, wo sich die Fälle häufen, immer mehr Supplierungen leisten müssen, weil Kollegen in Quarantäne sind. Ein negativer Test verkürzt ja die Quarantänezeit nicht. Im Pflichtschulbereich ist das übrigens noch viel schlimmer, weil die haben kaum Personalreserven. In Wien ist die Situation teils jetzt schon krass. Ich werde oft um Rat gefragt, aber ich kann da auch immer nur auf die Bildungsdirektionen verweisen.

Was haben Sie persönlich gelernt in der Krise?

Viele von uns arbeiten heute ganz anders. Ich selbst arbeite zum Beispiel immer mehr mit youtube-Videos. Wir haben viel dazu gelernt, es hat im Sommer auch viele Fortbildungsangebote gegeben. Aber manches kann man natürlich nicht auf die Schnelle aufstellen. Da ist noch viel Luft nach oben.

Was macht Ihnen noch zu schaffen?

Was uns beim „distance learning“ zu schaffen macht: Die Schüler, die auf Tauchstation gehen, erreichen wir kaum, man setzt ja nicht gleich die Behörde ein. Ein weiteres Problem: Viele Kinder haben keine Drucker zu Hause. Manchmal braucht man die aber, um Aufgaben händisch bearbeiten zu können, zum Beispiel beim Technischen Zeichnen. Man hilft sich halt mit abfotografieren und per Handy schicken!