Mehr als 100 Millionen haben die Bundesländer für den Ausbau der Ganztagsschulen nicht abgeholt - nicht aus Bösartigkeit oder Unfähigkeit, sondern weil die Mittel für die Kofinanzierung fehlten.  Als Anreiz für die Gemeinden will sich der Bund nun an den Personalkosten beteiligen. Insgesamt sollen von 2020 bis 2022 rund 203 Mio. Euro fließen, statt für derzeit 33 soll es dann für 40 Prozent der Pflichtschüler Angebote geben. Auch Horte und Ferienbetreuung können künftig gefördert werden.

Festgeschrieben werden soll das in einer Neufassung des Bildungsinvestitionsgesetzes für die Jahre 2020 bis 2022, die noch mit den Ländern abgestimmt werden soll. Die Novelle ist für Faßmann nicht nur notwendig, weil die aktuelle 15-a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern zum Ausbau der Ganztagsschulen mit dem Sommersemester 2019 ausläuft. Er ortete am Dienstag auch "Konstruktionsfehler" bei der bisherigen Regelung.

Angst vor Personalkosten

Die Gemeinden hätten bisher Angst gehabt, auf den Personalkosten im Freizeitteil sitzen zu bleiben, wenn die Anschubfinanzierung durch den Bund (etwa für Umbauten etc.) ausläuft. Während Bund bzw. Länder nämlich für die Finanzierung der Unterrichts- und Lernzeit verantwortlich sind, fällt der Freizeitteil in die Verantwortung der Schulerhalter und das sind bei den Pflichtschulen (v.a. Volksschule, Neue Mittelschule) die Gemeinden.

Mindestens 110 Mio. Euro aus der laufenden 15-a-Vereinbarung seien deshalb nicht abgerufen worden, die endgültige Abrechnung steht noch aus. Faßmann möchte deshalb, dass der Bund sich künftig mit rund 30 Prozent an den Personalkosten beteiligt, dafür sollen 129 der 203 Mio. Euro eingesetzt werden. Für den Ausbau sind 74 Mio. Euro vorgesehen. Auch dass bisher Ganztagsbetreuung an Schulen und dabei vor allem verschränkte Angebote mit einem Wechsel von Unterricht, Lern- und Freizeit bevorzugt wurden, hat laut Faßmann den Interessen von Ländern, Gemeinden und Eltern widersprochen und dazu geführt, dass der Ausbau schleppend voranging.

Angebot an 85% der Schulen ist Ziel

Ziel des neuen Gesetzes ist es laut Faßmann, an 85 Prozent der Standorte - also Schulen für Sechs- bis 14-Jährige oder Einrichtungen in unmittelbarer Nähe - ganztägige Betreuung anbieten zu können. Derzeit gibt es vor allem in den großen Städten, im Nordburgenland und in Vorarlberg viel Angebot. Wenn Infrastruktur wie Speisesäle vorhanden seien, sei auch ein weiterer Ausbau der Plätze leichter möglich, betonte der Minister. Die Zahl der Plätze soll bis 2022 von derzeit 190.000 auf 230.000 steigen.

Voraussetzung für die Förderung ist die Einhaltung von Qualitätskriterien:

  • Die Schulen bzw. Gemeinden müssen von sieben Uhr bis Unterrichtsbeginn und am Nachmittag mindestens bis 16 Uhr Betreuung bieten.
  • Für Zuschüsse zur Ferienbetreuung müssen die Einrichtungen mindestens von acht bis 16 Uhr offenstehen.
  • Außerdem muss in den Lernzeiten qualifiziertes Personal mit Lehramtsstudium oder Befähigungsprüfung eingesetzt werden, damit "die Eltern die Sicherheit haben, dass die Hausübungen mit Qualität erledigt werden".
  • Gruppen dürfen außerdem maximal 25 Kinder umfassen und die Raumausstattung muss stimmen.
  • Geld fließt nur, wenn die Kriterien eingehalten werden und auch nur für tatsächliche Betreuungszeiten etwa in den Ferien.

Ein Teil der Mittel könnte allerdings für einen anderen Bereich gewidmet werden: Geht es nach dem Bildungsministerium, sollen 10 Mio. Euro als Anreiz für die Länder eingesetzt werden, die zuletzt aus dem "Integrationstopf" finanzierten Schulsozialarbeiter, Psychologen und Sozialpädagogen weiterzubeschäftigen. Bund und Länder sollen sich die Kosten zur Hälfte teilen, kündigte Faßmann an.

Geld kommt aus der Bankenmilliarde

Das Bildungsinvestitionsgesetzes war eigentlich für die Verteilung der 750 Mio. Euro umfassenden "Bankenmilliarde" geschaffen worden. Ursprünglich sollten diese Mittel zwischen 2018 und 2023 in den Ausbau von Ganztagsschulen investiert werden. Anfang 2018 wurden die Mittel dann mit der Begründung, dass die Länder das nicht abholen würden, bis 2032 gestreckt. Für die Jahre 2020 bis 2022 stehen noch 93 Mio. Euro aus diesem Topf zur Verfügung, dazu kommen noch die voraussichtlich 110 Mio. Euro, die von den Ländern bisher nicht abgerufen wurden.

Die Novelle versteht man im Bildungsministerium als Übergangsregelung. Nach 2022 soll die Finanzierung der Ganztagsschulen idealerweise im Finanzausgleich festgehalten sein, so Generalsekretär Martin Netzer.