In einer turbulenten Regierungsumbildung hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron ein neues Kabinett zusammengestellt. Die Spitzenbeamtin und bisherige Bahnmanagerin Florence Parly wird neue französische Verteidigungsministerin, wie der Elysee-Palast am Mittwochabend in Paris mitteilte.
Ernannt wurden auch eine neue Justizministerin und eine neue Europaministerin. Die Regierungsumbildung fiel wegen des Rücktritts von drei Ministern der mit Macron verbündeten Zentrumspartei MoDem größer aus als zunächst geplant.
Parly löst die am Dienstag zurückgetretene Zentrumspolitikerin Sylvie Goulard an der Spitze des Verteidigungsministeriums ab. Die 54-Jährige war von 2000 bis 2002 Haushaltsstaatssekretärin der damaligen sozialistischen Regierung. Zuletzt war sie Generaldirektorin der Passagiersparte der französischen Staatsbahn SNCF.
Zur Nachfolgerin des ausgeschiedenen Justizministers Francois Bayrou wurde die Juristin Nicole Belloubet ernannt. Neue Europaministerin wird die bisherige Chefin der Elite-Verwaltungshochschule ENA, Nathalie Loiseau. Sie folgt auf die Bayrou-Vertraute Marielle de Sarnez. Zentrale Posten wie die Spitzen von Außenministerium, Umweltministerium, Innenministerium sowie Wirtschafts- und Finanzministerium ließ Staatspräsident Macron unverändert.
Die Regierungsumbildung war nach der Parlamentswahl vom Sonntag eingeleitet worden, wie es in Frankreich üblich ist. Der überraschende Rücktritt der Minister Goulard, Bayrou und Sarnez am Dienstag und Mittwoch zwang Macron aber zu einer viel weitgehenderen Regierungsumbildung als zunächst geplant.
Die drei Minister hatten ihre Posten wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre um ihre Zentrumspartei aufgegeben. Es besteht der Verdacht, dass die MoDem Mitarbeiter von EU-Parlamentsabgeordneten in Wirklichkeit für Parteiaufgaben einsetzte. Das würde eine Veruntreuung von EU-Mitteln bedeuten. Die französische Justiz hat deswegen Vorermittlungen eingeleitet.
MoDem-Chef Bayrou beteuerte am Mittwoch erneut, dass bei der Beschäftigung von Mitarbeitern stets alles rechtmäßig verlaufen sei: "Bei uns gab es nie Scheinbeschäftigungsstellen." Er bezeichnete sich als Opfer einer "Lügenkampagne". Mit seinem Rücktritt als Justizminister wolle er Schaden von der Regierung abwenden.
Zugleich bekräftigte Bayrou, dass seine Partei weiterhin dem Regierungsbündnis angehört. Mehrere MoDem-Politiker bekamen am Mittwoch Staatssekretärsposten. Am Donnerstagvormittag kommt das neue Kabinett zu seiner ersten Sitzung zusammen.