Professor Hopmann, die Bildungsreform steht vor ihrer Beschlussreife. Sehen Sie als Bildungsforscher das Bildungssystem auf einem guten Weg?
STEFAN HOPMANN: Nein. Es wurden die richtigen Themen besprochen, die Maßnahmen gehen aber an der Problemstellung vorbei. Denn die versprochenen Freiheiten sind nur symbolisch.

Direktoren dürfen doch nun ganz real bei der Auswahl ihrer Lehrer mitreden. Kein Fortschritt?
Ein Lehrer bleibt durchschnittlich 30 Jahre im Lehrberuf. Bis ich also mein Personal ausgetauscht habe, werde ich selber ausgetauscht. Das ist, als hätte ich ein Franchise-Unternehmen, wo ich nur über das Kassenpersonal entscheiden darf. Es wäre wichtig gewesen, den Direktoren und Schulen echte Entscheidungshochheit zu geben, neben dem Personal auch über Budget und Schulform. Aber die Länder und Vertretungen geben nun einmal nicht gerne Macht ab. Echte Autonomie kann nicht über Nacht passieren. Aber man kann mutige Schritte setzen und diese Autonomie fördern. Diese Reform richtet im besten Fall keinen Schaden an.

Geht auch Modellregion auch an der Problemstellung vorbei?
Natürlich. Ich habe gelesen, dass Landeshauptmann Wallner mit einer Umsetzung in zehn Jahren rechnet. Die braucht man wohl, um alle AHS-Schulen durchzukneten. Was dahinter steckt, ist die Haltung: „Wir wollen den symbolischen Wert von Modellregionen, haben aber weder das Geld, noch die Ressourcen, um dieses Vorhaben durchzuziehen“. Also spielt man auf Zeit, denn was in zehn Jahren sein wird, weiß niemand. Zudem hätte die Lehrer- und Elternschaft, in der die ÖVP relativ gut verankert ist, ihr eine Zustimmung zu einer unmittelbaren Einführung übel genommen. Und im Hinblick auf die nächste Wahl will man keine Risiken eingehen. Und dann kommen solche, rein symbolischen Beschlüsse zustande. Zudem kann eine Änderung der Schulform nichts verbessern, das geht nur über Pädagogik. Stimmt die, ist die Schulform egal. Es gab zum Beispiel gute Reformen für die Volksschule, da hat man sich mehr getraut.