Der Regierungsbunker in St. Johann im Pongau ist ein gut gehütetes Staatsgeheimnis. Die meisten Eckdaten der unterirdischen Räume, in die die Regierung im Krisenfall gebracht werden kann, sind nicht bekannt. Sicher ist nur: Luxus findet man dort nicht, wie auch Kanzler Christian Kern (SPÖ) beim Lokalaugenschein seines kahlen Ersatz-Büros feststellen musste: "Hamma da einen Kaktus oder irgendwas?"
Die Bunkerräume der "Einsatzzentrale Basisraum", die in den 1980er-Jahren unter der Bedrohung des Kalten Krieges gebaut wurden, befinden sich tief in einem Berg bei St. Johann im Pongau. Wie groß die Anlage tatsächlich ist, wird nicht verraten. Die meisten Daten werden geheim gehalten, und es wird auch strikt dafür gesorgt, dass das so bleibt: Handys und Laptops müssen vor der Einfahrt abgegeben werden, die Fotografen im Kanzler-Tross dürfen nur eingeschränkt abdrücken.
Mitarbeiter - militärische und zivile - müssen eine "erweiterte Verlässlichkeitserklärung" abgeben, auch die Familien werden regelrecht gescannt. Auf mehreren Ebenen gäbe es hier auch die eine oder andere pikante Information zu holen, so befindet sich hier etwa das Backup-System fürs Bundesrechenzentrum.
Auf "Ebene 4" stehen Räumlichkeiten für die Bundesregierung zur Verfügung, sollte sie nicht mehr von der Bundeshauptstadt Wien aus regieren können und evakuiert werden müssen - sei es wegen einer Epidemie, eines Terroranschlags oder weil die EDV ausfällt. In so einem Fall könnte man die Staatsführung im Bunker über einen längeren Zeitraum völlig autark versorgen: Neben einer Quelle und Essensvorräten sind auch Notstrom und medizinische Versorgung vorhanden.
In der Praxis wurde der Regierungsbunker noch nie gebraucht, auch politischer Besuch ist selten. Vor 30 Jahren war das letzte Mal ein Regierungschef in den unterirdischen Gängen, und zwar SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky im Zuge der Erbauung der Anlage. Kanzler Kern und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) waren am Montag zum Glück auch nur auf Visite da und inspizierten unter anderem den Sitzungssaal für das staatliche Katastrophen- und Krisenmanagement.
Um den Schein zu wahren, werden möglichst Lampen eingesetzt, die wie Tageslicht wirken. Des Kanzlers kleines Büro unter der Erde macht dies freilich auch nicht gerade gemütlicher: Kahle Wände, ein einfacher Schreibtisch, ein Telefon - Schnickschnack sucht man hier vergeblich. "Ich werde ein Austria Wien-Poster aufhängen", tröstet sich der Kanzler. "Naja, muss nicht sein", murmelt daneben Rapid-Fan Doskozil.
Die Vorstellung, dass man die Räume aus Zeiten des Kalten Krieges tatsächlich einmal beziehen muss, wirkt wohl etwas irreal. Dennoch - angesichts der aktuellen Bedrohungslage sei es durchaus gerechtfertigt, die Einrichtung weiter zu betreiben, betonte Doskozil. Die Welt sei nicht sicherer geworden, meinte auch Kern. Er hoffe, dass man das Ausweichquartier nie brauchen werde - für den gegenteiligen Fall habe er sich aber überzeugen können, "dass wir absolut gut gerüstet sind".