Nordkoreas Diktator Kim Jong Il scheint genau zu verfolgen, wie die Weltpresse über ihn berichtet. Nachdem die Reaktionen auf seinen zweiten Atomwaffentest vom Montag weitgehend darin übereinstimmten, dass Kims Bombe zwar eine enorme Provokation, aber keine unmittelbare Gefahr darstelle, zeigte er sich gestern bemüht, als echte Bedrohung wahrgenommen zu werden. Ein Waffenstillstandsabkommen von 1953, mit dem die Kampfhandlungen des Koreakriegs beendet wurden, kündigte Pjöngjang auf.

Atomanlage in Betrieb. Außerdem begann das kommunistische Regime mit dem Wiederaufbau der vor einem Jahr weitgehend zerstörten Atomanlage Yongbyon, in der nuklearwaffenfähiges Plutonium hergestellt werden könnte. Südkoreanischen Medienberichten zufolge zeigen Aufnahmen von US-Spionagesatelliten, wie aus der Anlage Dampf steige. Nordkorea hatte bereits im April erklärt, die Anlage reaktivieren zu wollen. Experten hatten erklärt, die Wiederaufbau werde etwa ein Jahr in Anspruch nehmen.

Bündnis. Die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA bezeichnete die formelle Rückkehr zum Kriegszustand als Reaktion auf Südkoreas Absicht, einer US-Initiative zum Schutz vor der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen beizutreten. Das nach den Terroranschlägen 2001 gegründete Bündnis erlaubt unter anderem die Durchsuchung von verdächtigen Schiffen.

"Unvorstellbar gnadenlos". "Diejenigen, die uns provozieren, müssen mit einer unvorstellbar gnadenlosen Bestrafung rechnen", drohte Nordkorea in der Mitteilung. Jeder "noch so kleine feindliche Akt gegen unsere Republik, etwa das Aufhalten und Durchsuchen unserer friedlichen Schiffe" werde einen "starken Militärschlag" nach sich ziehen, hieß es. Die sichere Fahrt von Schiffen aus Südkorea und den USA an der umstrittenen Grenze im Gelben Meer könne nicht länger garantiert werden, hieß es.

Vollmitgliedschaft? Seoul hatte betont, auch nach dem Atomtest an der seit langem geplanten Vollmitgliedschaft in dem so genannten PSI-Bündnis festhalten zu wollen. Praktisch gesehen ist der Beitritt eine Formalität, da Seoul und Washington in allen Sicherheitsfragen engstens kooperieren. Pjöngjang hatte sich jedoch stets auf den Standpunkt gestellt, eine Vollmitgliedschaft des Südens als Kriegserklärung auffassen zu wollen.

Aufruf zu Gelassenheit. Südkoreas Präsident Lee Myung Bak rief seine Landsleute zu "gelassenen Reaktionen" auf und verzichtete zunächst auf eine Erhöhung der Truppenstärke an der Seegrenze. Zusammen mit anderen Staaten in der Region, insbesondere Nordkoreas engster Verbündeter China, wiederholte Seoul die Forderung, Pjöngjang solle den Weg zurück an den Verhandlungstisch finden. Südkoreas Außenminister Yu Myung Hwan hatte erklärt, sein Land sei weiterhin um eine Einigung bemüht. "Es wird schwierig werden, die Sechs-Parteien-Gespräche fortzusetzen", sagte Yu. "Aber die Tür für Dialog mit Nordkorea muss offen bleiben".