In dem fast 26-jährigen Bürgerkrieg hatten sich die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) den Ruf erworben, beinahe unschlagbar zu sein. Doch am Samstag verkündete Präsident Mahinda Rajapakse den Sieg über die LTTE - und den "Beginn eines neuen Zeitalters". Es ist kein friedlicher Auftakt einer neuen Ära: Die schweren Kämpfen kosteten alleine in den vergangenen Monaten tausende Rebellen, Soldaten und Zivilisten das Leben. Rajapakse setzte bis zuletzt auf Gewalt. Das könnte sich bald rächen. Ein politisches Konzept, wie die benachteiligte tamilische Minderheit eingebunden werden kann, hat die Regierung nicht.

Schwere Fehler. Die LTTE unter Velupillai Prabhakaran hat sich fatal verschätzt, schwere Fehler führten zur Niederlage der Rebellen. So tötete 1991 eine Selbstmordattentäterin der LTTE den früheren indischen Premierminister und amtierenden Präsidenten der Kongresspartei, Rajiv Gandhi. Als Regierungschef hatte er 1987 Friedenstruppen nach Sri Lanka geschickt, die sich in Kämpfe mit der LTTE verstrickten. In Neu Delhi regiert heute wieder die Kongresspartei, geführt von Sonia Gandhi, Rajiv Gandhis Witwe. Der große Bruder Indien ließ Rajapakse auf seinem Vernichtungsfeldzug gegen die LTTE denn auch gewähren - trotz lautstarker Proteste der tamilischen Minderheit in Indien.

Hardliner. Im Jahr 2005 sorgte ausgerechnet Prabhakaran dafür, dass der Hardliner Rajapakse die Präsidentschaftswahl gewann. Kurz vor der Abstimmung befahl die LTTE einen Wahlboykott. Ranil Wickremesinghe, der für eine politische Lösung des Konflikts geworben hatte, unterlag wegen der fehlenden Tamilen-Stimmen knapp. Der Analyst Jehan Perera meint, Prabhakaran habe darauf gesetzt, Rajapakses kompromissloser Kurs würde zu einem massiven Verlust internationaler Unterstützung für seine Regierung führen. Doch die Rechnung ging nicht auf. Wiederkehrende Anschläge der LTTE sorgten stattdessen dafür, dass die Organisation in immer mehr Staaten auf die Liste der Terrorgruppen gesetzt und international isoliert wurde.

Sieg? Die selbstbewusste Regierung Rajapakses versucht nun, die Niederlage der LTTE als Beweis dafür zu verkaufen, dass Terrorismus eben doch militärisch besiegt werden kann - während westliche Staaten angesichts der Erfahrungen besonders in Afghanistan immer mehr zu der Erkenntnis gelangen, dass genau dies nicht möglich ist. Fast siegestrunken schrieb der Rajapakse-Berater Lucien Rajakarunanayake noch vor der Niederlage der LTTE, schon bald könne es sein, dass die Truppen Sri Lankas "die am meisten nachgefragte Kraft im Kampf gegen den Terrorismus sind". Die Welt betrachte Sri Lanka zunehmend als "Beispiel dafür, wie Terrorismus bekämpft und besiegt werden kann".

Entsetzen. Tatsächlich findet die These Anhänger im Westen - auch wenn die Mehrheit der Staatengemeinschaft entsetzt über das Blutbad unter der Zivilbevölkerung ist, das Armee und LTTE anrichteten. Das "Wall Street Journal" schrieb bereits im Jänner: "Für all jene, die argumentieren, dass es keine militärische Lösung für Terrorismus gibt, haben wir zwei Worte: Sri Lanka." Und an die Adresse des US-Präsidenten hieß es: "Colombos militärische Strategie gegen tamilische Terroristen war erfolgreich. Verhandlungen waren es nicht. (...). Nehmen Sie das zur Kenntnis, Barack Obama." Zwar dürfte die LTTE nach ihrer Niederlage tatsächlich nicht mehr zu alter Stärke zurückfinden, doch als wahrscheinlich gilt, dass sie den Terror aus dem Untergrund heraus fortführen wird.

Probleme. Denn das Kernproblem, dass sich Tamilen in Sri Lanka als Bürger zweiter Klasse fühlen, bleibt ungelöst. Die Regierung sperrt die tamilischen Zivilisten aus dem lange von der LTTE kontrollierten Norden Sri Lankas in Internierungslager, um Rebellen unter ihnen zu enttarnen. Aus diesen von der Öffentlichkeit abgeschirmten Camps - Kritiker sprechen von "Konzentrationslagern" - dringen Berichte von schweren Menschenrechtsverletzungen der Armee. Sicher ist, dass die Internierung die Tamilen in ihrem Eindruck bestätigen wird, in der eigenen Heimat bitterlich benachteiligt zu sein. Aus genau dieser Diskriminierung heraus war einst die LTTE geboren worden.