Herr Minister, was war das Wildeste, das Sie je gemacht haben?
ALOIS STÖGER: Ich war auf dem Großglockner - ist das wild? Nein? Dann war ich immer brav. Ich habe mich aber seinerzeit gegen die Gewerkschaftslinie gegen Atomkraft engagiert. Weil ich die Bevölkerung in meiner Gemeinde über Maßnahmen informiert habe, die nicht allen gefielen, war ich sogar einmal beim Staatsanwalt.

Sie werden in Zeitungen als zu schüchtern für ein Regierungsamt beschrieben. Kanzler Faymann soll sie austauschen wollen.
STÖGER: Mich freut die Beschreibung! Faymann hat mich geholt, um einen Akzent zu setzen: Gesundheit ist etwas Sensibles, da braucht es Ruhe und Sachlichkeit. Das spiegle ich wider. Ich habe nur sehr wenig autoritäre Möglichkeiten und muss mit meinen Partnern gut und vertrauensvoll reden können.

Ihre Vorgängerin Kdolsky hat es so formuliert: "Es ist nicht die Ministerin, die entscheidet, wie das Gesundheitssystem zu laufen hat". Wollen Sie mehr Macht?
STÖGER: Neun Landeskrankenanstaltengesetze sind sinnlos. Derzeit entscheidet der Finanzausgleich über das Gesundheitswesen. Besser wäre eine Gesetzgebung durch den Bund und eine gemeinsame Steuerung.

Die ÖVP-Mandatarin Karl fordert in der "Presse", die Gesundheit ganz zu verstaatlichen. Dann spare man sich die einzelnen Kassen und das Gfrett mit den Ländern. Was halten Sie davon?
STÖGER: Nichts. Da steht nicht der Patient im Mittelpunkt. Ich habe nichts davon, wenn ich in Tirol einen Herzinfarkt habe, das beste Spital aber in Wien ist. Was wir wo brauchen, wissen die Leute vor Ort am besten. Zentral steuern, lokal verwalten.

Das Budget steht, jedes Jahr bekommen die Kassen 180 Millionen Euro zusätzlich. Wo werden sie im Gegenzug einsparen?
STÖGER: Es geht nicht um Struktur-Nebenthemen, sondern um Fragen wie: Welche Folgekosten löst ein Arzt aus? Das muss dokumentiert und rückgemeldet werden, genauso wie wir einen Überblick über die verschriebenen Medikamente brauchen.

Das alleine spart Geld?
STOEGER: Ja. Mich interessiert nicht, ob das Geld aus dem Konto 67 oder 74 kommt. Wovor fürchten sich die Menschen? Dass sie erkranken und nicht in ihrer Nähe gut versorgt werden.

Sie fürchten sich auch davor, dass das Gesundheitssystem pleite geht.
STÖGER: Das ist alles ein Schmäh! Das Gesundheitswesen wird nicht teurer. Wir können es uns leisten, wenn wir nur wollen. Das Gegenteil verbreiten nur jene, die damit Geschäfte machen wollen, etwa Privatversicherungen. Und wenn man jeden Patienten noch fünf Mal untersucht, verdient jemand; wenn man noch fünf Pandemien erfindet, eine andere Industrie.

Apropos: Ist die Gefahr der Schweinegrippe gebannt?
STÖGER: In Österreich hatten wir einen Fall und dieser ist harmlos verlaufen. Aber niemand weiß, wie sich die Viren weiter entwickeln. Wir beobachten die Lage, sobald die WHO Entwarnung gibt, werden wir auch unsere Erlässe, wie jenen für Kontrolle auf Flughäfen, zurücknehmen. Was man aber sagen muss: Wir konnten beweisen, dass wir sehr gut vorbereitet wären, schnell reagieren und dass die internationale Zusammenarbeit klappt.

Seit dem Jahr 2000 steigen die Neuinfektionen mit dem HIV-Virus. Gibt es Geld für eine neue Kampagne?
STÖGER: Wir veranstalten nächstes Jahr in Wien eine große Aids-Konferenz, zu der wir unsere osteuropäischen Nachbarn besonders einladen. Viren machen an der Grenze nicht Halt. Solange die Sensibilität bei den Nachbarn nicht steigt, können wir wenig ausrichten.

Werden Sie sich morgen für den Life Ball verkleiden?
STOEGER: Nein! Das kann ich ausschließen, das gehört nicht zu meinen Aufgaben. Ich werde mir den Red Ribbon anstecken.

Und wenigstens wild tanzen?
STÖGER: Wild tanzen kann ich nicht ausschließen.