Noch bevor sich die Debatte um einen Austritt aus dem europäischen Kernforschungprojekt Cern zu einem Koalitionsstreit auswachsen konnte, hat Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) die Diskussion für beendet erklärt. Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) muss nun andere Wege finden, um Forschungsgelder ausschütten zu können, die bei einem Austritt frei geworden wären.

90 Minuten. Nach einer eineinhalbstündigen Aussprache im Kanzleramt begründete Faymann seine Ablehnung damit, dass er das Ansehen Österreichs im Auge zu behalten habe. Forschung verlange Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit. Es könne nicht angehen, dass bei internationalen Projekten jemand aus reinem Eigeninteresse austrete. Hahn gestand seine Niederlage ein, stellte aber dennoch fest, dass er sachlich zu dem angedachten Austritt stehe. "Natürlich muss ich nun mein Forschungsbudget neu organisieren", sagte er. Den Aufschrei aus der Wissenschaftergemeinde habe er "in dieser Heftigkeit" unterschätzt.

Heftige Replik. Er dürfte auch die heftige Reaktion aus den eigenen Parteireihen unterschätzt haben. Vor allem der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll hatte sich gegen einen Austritt ausgesprochen, weil er dadurch ein Forschungsprojekt in seinem Bundesland gefährdet sah. Nun zeigte sich Pröll erfreut, ein niederösterreichisches Anliegen durchgesetzt zu haben.

"Ein Gewinn". Von Seiten der Wissenschaft ist das Ende der Diskussion über den Austritt mit Erleichterung aufgenommen worden. "Das ist ein Gewinn für die Teilchenphysik in Österreich, aber auch für die Wissenschaft als Ganzes", sagte Christian Fabjan, der Direktor des Institus für Hochenergiephysik. Er hatte mehr als 30 000 Unterschriften gesammelt, um den Verbleib bei CERN einzufordern.

ÖVP leckt die Wunden. Unmittelbar nach der Aussprache im Kanzleramt eilte Hahn in den ÖVP-Klub, ein Beobachter sprach sogar davon, dass der Minister "dorthin zitiert" wurde. Die Stimmung war erwartungsgemäß im Keller. "Das ist eine schwere politische Niederlage, keine Frage", meint ein Abgeordneter. Nicht alle waren dieser Meinung. Die Niederösterreicher waren gut drauf, dürfte doch ihr CERN-Projekt in Wiener Neustadt gerettet sein.