Gemeinhin stellt man sich das Leben von Nationalratsabgeordneten komfortabel vor. Ein Irrtum, zumindest was die Arbeit im Plenarsaal betrifft. In die Sitzplätze muss man sich hineinzwängen, jeder Kleinwagen hat mehr Fußfreiheit. Die Sessel krachen immer wieder zusammen und sind so alt, dass es gar keine Ersatzteile gibt, ihre Überzüge sind abgewetzt. Die Abgeordneten gehen auf fleckigen Teppichen, deren Lebenszeit längst überschritten ist, und verkehren in Besprechungsräumen, die nicht den gültigen Bestimmungen für Belüftung und Belichtung entsprechen. Nicht einmal das Dach ist dicht. Als drei Grünen-Abgeordnete im Jänner auf ihren Sesseln Platz nehmen wollten, fanden sie eine kleine Überschwemmung vor.

Kein Brandschutzkonzept. In Extremsituationen kann die Arbeit im Parlament lebensgefährlich werden, etwa weil es derzeit kein Brandschutzkonzept gibt. "Im Brandfall wäre für die sich im Parlamentsgebäude aufhaltenden Personen ein hohes Risiko für Leib und Leben gegeben", stellt ein aktuelles Gutachten fest, das von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) in Auftrag gegeben worden war.

Gefahr für Besucher. Auch Besucher leben gefährlich. Die Galerie, von der Plenarsitzungen beobachtet werden können, ist zu steil und die Brüstung zu hoch. Der Weg dorthin über eine schmale Treppe entspricht nicht den gesetzlichen Bestimmungen und stellt im Fall der Evakuierung ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Barrierefreiheit ist ein Fremdwort.

Eindeutiges Urteil. Das Urteil von Gutachter Matthias Rant ist eindeutig: Der Zustand sei "sehr schlecht". "Heute würde man für dieses Gebäude in dieser Form keine Bewilligung erhalten." Er empfiehlt eine sofortige und massive Sanierung.

Teurer Umbau. Ein Umbau des Plenarsaals ist eigentlich schon längst geplant. Doch Nationalratspräsidentin Prammer ließ das Projekt wegen der Wirtschaftskrise stoppen. Jetzt kommt wieder Bewegung ins Bauprojekt. Am Dienstag tagt das Baukommittee und legt in Absprache mit dem Architekten eine Prioritätenliste für unmittelbar zu erledigende Sanierungsarbeiten fest. Danach muss Präsidentin Prammer mit Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) über die Finanzierung verhandeln. Wolfgang Großruck (ÖVP), der Vorsitzende des Baukommittees, erwartet sich eine einvernehmliche Lösung: "Es ist schließlich das erste Haus der Republik."